Appell an die österreichische Bundesregierung FÜR EINE NEUE INITIATIVE DER EU GEGEN DIE HUNGERKRISE IM SÜDLICHEN AFRIKA! FÜR EINE ÖSTERREICHISCHE VERMITTLUNGSMISSION EU - ZIMBABWE! Mehrere Länder im Südlichen Afrika - Zambia, Malawi, Moçambique, Zimbabwe - sind durch ausgebliebene Regenfälle und schlechte Ernten von einer akuten Hungerkatastrophe bedroht, die das Überleben von Hundertausenden, vor allem der Ärmsten betrifft. Nur etwa ein Drittel der geplanten Nahrungsmittelimporte konnte bislang realisiert werden, um die schwindenden Lagerbestände auszugleichen. Hilfsangebote der internationalen Staatengemeinschaft sind bisher eher dürftig ausgefallen. In Zimbabwe, das jahrelang als "Brotkorb der Region" gedient hatte, verschärft die fatale Ernährungslage die allgemeine ökonomische und politische Krise in einem Ausmaß, daß die gesamte Region in einen gefährlichen Strudel gezogen zu werden droht. Die Southern African Development Community (SADC) und die Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD) stehen damit vor einer ernsten Bewährungsprobe. Die komplexe Krise Zimbabwes ist durch die zunehmend autoritären Maßnahmen der Regierung von Präsident Robert Mugabe und einen von Gewalt und schweren Unregelmäßigkeiten überschatteten Wahlgang, der ihre Legitimität ernsthaft in Frage gestellt hat, wesentlich verschärft worden. Die chaotische, populistische und nicht verfassungskonforme Art, in der die längst überfällige Landreform durchgezogen wird, erschüttert die Ernährungsbasis des Landes zusätzlich. Es gibt aber ganz klar eine westliche bzw. europäische Mitverantwortung an der Krise. Das betrifft nicht nur die seit Kolonialzeiten ungelöste Landfrage und damit die Rolle der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, sondern auch die Politik der multilateralen Finanzinstitutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds. Sie haben Zimbabwe in den 90er Jahren einen ruinösen Kurs der überstürzten Deregulierung mit folgenschwerer De-Industrialisierung und Aushöhlung öffentlicher Einrichtungen wie des Gesundheits- und Bildungswesens aufgezwungen, der zudem in die Schuldenfalle geführt hat. Die Initiative Nigerias and Südafrikas für Vermittlung zwischen den völlig polarisierten Streitparteien in Zimbabwe ist ein Hoffnungszeichen für eine afrikanische Lösung des von Einschüchterung und Terror überschatteten Konflikts. Dennoch ist auch die internationale Staaten- und Gebergemeinschaft in ihrer Mitverantwortung gefordert. Gerade die Europäische Union hätte nach dem eher unglücklichen Agieren rund um die Präsidentenwahlen in Zimbabwe diplomatisches Terrain gut zu machen. Das Südliche Afrika ist seit Jahren eine Schwerpunktregion der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA), des vielfältigen kulturellen Austauschs und gleichzeitig ein Hoffnungsgebiet österreichischer Wirtschaftsinteressen und Investoren. Die aktuelle Entwicklung in dieser Region kann deshalb der österreichischen Bundesregierung nicht gleichgültig sein. Österreich verfügt über langjährige Kontakte und Erfahrungen in Zimbabwe und ist auch durch keine koloniale Vergangenheit im Südlichen Afrika belastet. Damit bestehen - nicht zuletzt auch durch seinen Status der immerwährenden Neutralität - sehr gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen österreichischen Beitrag für eine Konfliktlösung in diesem Land. Als langjährig für freundschaftliche Beziehungen zwischen Österreich und dem Südlichen Afrika engagierte Organisationen appellieren wir daher an die österreichische Bundesregierung: Sofortige Nahrungsmittelhilfe (im Rahmen der EU bzw. des UN World Food Programms) an die betroffenen Länder im Südlichen Afrika zu leisten - mit der Auflage, daß eine ausgewogene Verteilung sichergestellt wird, um die Instrumentalisierung für politische Zwecke zu verhindern! Eine österreichische Initiative bzw. Vermittlungsmission zu starten, um die verfahrene Situation zwischen Zimbabwe und der EU in Richtung eines konstruktiven Politik-Dialogs wieder in Gang zu bringen! Die österreichische Entwicklungshilfe für Zimbabwe zumindest
wieder auf das Niveau der 90er Jahre zu erhöhen und speziell für
Maßnahmen der Demokratieförderung einzusetzen. Voraussetzung
dafür ist allerdings ein tragfähiges Abkommen zwischen den Streitparteien
MDC und ZANU, das die weiteren Schritte zur Behebung der Ernährungs-
und allgemeinen Wirtschaftskrise sowie zu einer Verfassungsreform und zu
Neuwahlen absteckt.
Wien, am 11. April 2002
SADOCC Dokumentations- und Kooperationszentrum Südliches
Afrika: Dr. Walter Sauer
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