Stationen einer Reise in Zimbabwe (im März 2000)


Der Musengezi Kooperativen-Verband. Musengezi ist ein Resettlement Scheme - ein Umsiedlungsgebiet am gleichnamigen Fluß zwischen dem fruchtbaren Gürtel von "weißen" Großfarmen um Chegutu und den übervölkerten Zvimba Communal Lands im Norden von Mashonaland West. Im ersten Anlauf zur Landreform in den 80er Jahren hat die Regierung hier ein paar Tausend arbeitslose Farmarbeiter und abgerüstete Befreiungskämpfer auf verlassenen, zum Teil zerstörten Farmen angesiedelt.


Bei unserem ersten Kontakt vor zehn Jahren waren wir bestürzt über die elenden Lebensverhältnisse und versuchten durch die "Linz-Musengezi-Freundschaft" (als Vorläuferin der ARGE Zimbabwe) Unterstützung zu organisieren. In den folgenden, extremen Dürrejahren konnten die sechs Kooperativen kaum ihren Lebensunterhalt erwirtschaften, geschweige denn die Schulden tilgen, die sie sich aus Unerfahrenheit in der Anfangszeit aufgebürdet hatten. Kein Wunder, daß die jungen Talente in die Städte abwanderten und eine Kolonie von Alten und Kleinkindern zurückliessen. Die "Hilfe" des Ministeriums für Kooperativen bestand überwiegend aus bürokratischer Kontrolle und Schikanen. Rechtssicherheit gibt es für die neuen Siedler bis heute nicht. Dennoch gaben sie die Hoffnung nicht auf.


Wie sich das Bild inzwischen gewandelt hat! Heute begrüßt mich das junge und qualifizierte Management-Komitee des Kooperativenverbandes mit unverhohlenem Stolz. Seit Jahresbeginn steht das aus Mitteln der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit über sieben Jahre unterstützte Servicecenter völlig auf eigenen Beinen. Der Services Manager Johannes Chikarate kann auf dem Computer die positive Bilanz getrennt nach allen Geschäftsbereichen - Lagerhaus, Werkstatt, landwirtschaftliche Maschinen - ausweisen. Noch ein Linz-Bezug: Ein Unterrichtsprojekt Controlling der 5bk Klasse der HAK Auhof hat diese vielversprechende Entwicklung - mit viel Engagement und Interesse - analysiert und begleitet.


Zu den wesentlichen Investitionen haben die Kooperativen mindestens die Hälfte als Eigenleistung aufgebracht, zuletzt für den Lastwagen als wichtiges Transportmittel der Produkte in die Stadt. Er dient dazu, die Anforderungen des liberalisierten, wirtschaftlichen Umfelds - z.B. Eigenvermarktung statt staatlicher Absatzgarantien - zu meistern und die Produktion mit Bohnen, Jungmais und Paprika für den Export nach Europa weiter zu diversifizieren.


Sorgen bereitet dem Team die rapide Verschlechterung der wirtschaftlichen Großwetterlage. Der Dieseltank ist nur noch halb voll, obwohl er sehr streng und sparsam bewirtschaftet wird. Nachschub ist nicht in Sicht. Wenn er weiter ausbleibt sind die Dienstleistungen des Verbandes und die landwirtschaftliche Produktion insgesamt gefährdet.


Die Tonga Musikgruppe Simonga. Die Autofahrt ins 1000 Kilometer von der Hauptstadt Harare entfernte Tonga-Dorf Siachilaba ist wegen der Treibstoffknappheit zu riskant. Also hilft nur ein Binnenflug nach Victoria Falls; von dort ist es nicht mehr so weit. Selten waren die zahlreichen Hotels und die Aussichtspfade gegenüber den gewaltigen Wasserfällen, die in der Sprache der Tonga Mosi oa tunya, "der Rauch der donnert" heißen, so verlassen wie jetzt. Zimbabwe ist für Touristen zur no go area geworden.


Der Empfang im hitzeflirrenden Dorfzentrum ist herzlich, ja überschwenglich. Mapona. tapona bene. kaboto. Wie geht´s ? mir geht´s gut, solange es Dir gut geht. Wie geht´s der Familie? Solche Formeln entsprechen dem afrikanischen Gemeinschaftssinn, der in der egalitären und wenig hierarchisch strukturierten Tonga Gesellschaft besonders ausgeprägt ist.


Wie waren die Regen? Das ist nach den sozialen Bezügen die wichtigste Frage. Nach Jahren der Dürre hat es heuer viel zuviel geregnet. Sorghum und Millet, die einheimischen, dürrebeständigen Hirsepflanzen stehen zwar mannshoch in den Feldern, aber sie haben keine Fruchtkolben entwickelt. Was bleibt ist wenigstens Futter für die Viehherden, die an diesem Morgen zum Tauchbad gegen Ungeziefer und Zecken aus allen Richtungen des weit verstreuten Dorfes zusammengetrieben werden.


Später versammelt sich die Musikgruppe Simonga, die 1997 im Rahmen des Festivals der Regionen das Tote Gebirge überquert und mit ihrer Ngoma Buntibe Musik zum Klingen gebracht hat. Die im Rahmen dieses erfolgreichen Kunstprojekts der Linzer Stadtwerkstatt produzierte CD verkaufte sich recht gut und heute wird der Anteil am Verkaufserlös persönlich überbracht und vor allen Mitgliedern ausgehändigt. Da ist die Freude groß, auch wenn die Geldbündel wegen der rasanten Inflation des Zimbabwe-Dollar umfangreicher scheinen als sie an Kaufkraft tatsächlich repräsentieren. Ein zusätzliches Einkommen ist jetzt - angesichts des Ausbleibens von durchreisenden Touristen als Käufern von getrocknetem Fisch, Körben oder Halsketten - besonders willkommen.


Bis spät in die Nacht wird noch mit Hirsebier gefeiert, werden heftige politische Diskussionen zwischen Anhängern der Regierungspartei und der Opposition geführt. Sogar auf der Ausschank des bottlestore liegen die Flugblätter beider Seiten auf. Die der ZANU im stolzen A4 Format, die der MDC wegen der Knappheit der Mittel in schmalen Papierstreifen, die aus einem Blatt fünf Zettel machen. Der Wunsch nach einer grundlegenden Veränderung scheint aber - trotz ungleicher Werbemittel - weit zu überwiegen.


Peter Kuthan / ARGE ZIMBABWE 5.Mai 2000