CLICKSCAPE98

ANSICHTEN VON LINZ - CLICKABLE PUBLIC SPACE

von Florian Sedmak


Wie kann zeitgemäße Kunst am Bau in Zeiten der Kommunikationsgesellschaft mit ihrer digitalen und elektronischen Netzwelt beschaffen sein? In einer Verschmelzung des öffentlichen Raumes einer Stadt, einer Landschaft mit der Netzwelt.

In Clickscape 98 expandiert der virtuelle Datenraum des WorldWideWeb in das Herz von Linz. Der unsichtbare Web-Besucher wird sichtbar und hinterläßt auf seinen Surfexpeditionen Spuren im öffentlichen Raum.
Die Fassade des Büroturmes der EA-Generali beginnt nächtens zu irrlichtern, auf der Nibelungenbrücke klingen scheinbar zufällige Melodien. Über den "Wilden Efeu", die elektronische Laufschrift an der Außenwand der Stadtwerkstatt, ticken Botschaften, Kommentare, Grüße. Wie von einer Geisterhand geschaffen erscheinen Bild, Ton und Text im nächtlichen Stadtraum.

Hinter der Geisterhand stecken anonyme, gesichtslose Internet-User, die das Geschehen per Mausklick dirigieren. Für die Stadtwerkstatt wird damit die Umsetzung einer jahrelang gehegten Idee möglich, die aus den Versuchen mit interaktivem TV im Rahmen von STWST-TV etwa während der Ars Electronica Festivals in früheren Jahren steht. "Wir wollten das Publikum von Zuhause aus ganz drastische, radikale Eingriffe in den öffentlichen Raum machen lassen."
Eine Web-Kamera auf dem Dach des Stadtwerkstattgebäudes nimmt die Fassade des Bürohauses am gegenüberliegenden Donauufer ins Visier. "Eine Web-Cam ist so etwas wie das Ende vom Internet, ein Fenster, ein Ausgang." Das Live-Bild wird digitalisiert und als Interface - Eingabe- und Schnittstelle - unter http://www.servus.at/clickscape98 im Internet zugänglich gemacht.

Hinter jedem einzelnen der über hundert Fenster befindet sich eine leuchtstarke Lichtquelle, die der Internetnutzer per Maus dirigieren kann. Eine Computersteuerungseinheit im Bürohaus empfängt aus der zentralen Steuerungseinheit in der Stadtwerkstatt die eingegangenen Codes. Diese Codes werden in Befehle an die Relaisstationen umgerechnet, die an die einzelnen Schalter an den Fenstern weitergeleitet werden. "Was wir verwenden, gibt es ja von der Technologie her alles schon - nur die für dieses Projekt nötige Kombination hat es noch nie gegeben."

Ähnlich einer Pixelgrafik wird die Gebäudefront zur Fläche für Ornamente, Muster und Buchstaben. Linz wird anklickbar, egal ob von Hongkong oder von Neuseeland aus. Das digitale Bild des EA-Generaligebäudes als Fenster zur greifbaren Welt macht es möglich, "aus dem Internet in einem realen Raum zu intervenieren. (...) Der Rhythmus, in dem die Fassade blinkt, ist nicht vorgegeben. Er ergibt sich daraus, wie das vom Web aus wahrgenommen wird."

Die Bildkomponente von Clickspace 98 ist nur eine von dreien, Clickspace 98 setzt sich aus Bild, Ton und Text zusammen, in Anlehnung an die drei weisen Affen auch "Mi Zaru", "Kika Zaru" und "Iwa Zaru" genannt. Hinter diesen Worten "Sieh nichts schlechtes, sprich nichts schlechtes, hör nichts schlechtes"; steckt ein Appell an die Netiquette, an das gute Benehmen im Internet." Die Toninstallation auf der Nibelungenbrücke; eine Reihe von Lautsprechern mit beliebig bestimmbaren Tönen; ist das Bindeglied vom EA-Generali-Gebäude über die Donau zur Stadtwerkstatt auf der Urfahraner Seite, wo der "Wilde Efeu" wächst. Kann der Internet-Benutzer von seinem Computer zuhause aus eine Tonreihenfolge auswählen, die unmittelbar darauf auf der Brücke hörbar wird, so bietet ihm die elektronische Laufschrift ein Forum für Texte, Botschaften und Grüße.
"Der springende Punkt ist, daß ein großer öffentlicher Raum zum Interface wird."

(Zitate aus einem Gespräch mit Bert Estl und Thomas Lehner)

back