Hallo
Anbei meine Stellungnahme fuer heute Abend
Ich bin wie angekuendigt in Berlin.
Liebe gruesse nach Linz Wolfgang
Die Fabrikanten: Stellungnahme zum KEP bzw. Forderungspapier der freien Szene
IST - ZUSTAND:
Wir arbeiten seit fast 10 Jahren und versuchen mit unseren Projekten ein
neues Künstlerbild zu prägen. Wir setzen Kommunikationsstrategien im
sogenannten, freien künstlerischen Bereich als auch für Auftragnehmer um.
Und genau das machen uns Subventionsgeber immer wieder zum Vorwurf. Sie
haben Angst, sie könnten - Gott weiß was - subventionieren!
Da hilft auch keine jahrelang belegte Abrechnungspraxis, in der immer
wieder nachgewiesen wird, wieviel wir selbst in Projekte investieren, an
Geld, an Zeit, und an einer zur Verfügung stehenden Infrastruktur.
In den letzten Jahren wurde der Sparstift angesetzt, in absoluten Zahlen
ausgesprochen - keine weltbewegenden Summen - das ist bei unserem
Subventionsvolumen nicht möglich. Aber prozentuell gesehen von Seiten der
Stadt Linz doch relativ dramatisch.
1997 bekamen wir ÖS 120.000,- mit der ausgesprochenen Absicht die
Subvention jährlich anzuheben, um in etwa mit den Landesförderungen
gleichzuziehen. 1998 bekamen wir ÖS 100.000,- also eine Kürzung um fast 20
Prozent, mit der Absichtserklärung diesselbe Förderung in den
darauffolgenden 2 Jahren ebenso auszuschütten, sofern die Projekte mit
denen wir ansuchen okay sind. Und mehr sei eben nicht drinn. Dies führt
mittlerweile zum Effekt, daß auch andere Subventionsgeber kürzen wollen:
"Dann, wenn unser unmittelbar zuständiger Fördergeber ohnehin schon weniger
zahlt und diese Budgets auch noch kürzt....”
Darüber hinaus zahlt die Stadt nur für Projekte, die im Stadtgebiet
stattfinden, überregionale /internationale Projekte sind nicht unbedingt
förderungswürdig - maximal die Fahrtkosten.
Dazu ein Auszug aus dem Basler Kulturentwicklungsplan, eine Stadt die wohl
durchaus mit Linz vergleichbar ist: da heisst es bereits in den
einleitenden Bemerkungen:
Intensivierung des Kulturaustausches mit dem Ausland.......Atelieres,
Austauschprogramme...
Würden wir keine Auftragsarbeiten machen, könnten wir unter diesen
Bedingungen schon lange nicht mehr existieren. Und daß wir durch unsere
Arbeit und der zur Verfügung stehenden Infrastruktur Projekte erst
ermöglichen, will man nicht einsehen.
Das Dilemma: Wir sollen keine Auftragsarbeiten machen, aber höhere
Subventionen können auch nicht gewährt werden. Dh.im Klartext zu uns: Was
ihr macht ist nicht okay, weil wir uns unter freier Szene etwas anderes
vorstellen. Wenn ihr allerdings unseren Vorstellungen entsprecht, bekommt
ihr auch nicht mehr Geld.
Wiederum Auszug aus dem Basler Kulturentwicklungsplan: Für
Kulturinstitutionen gilt MAKING THE RULE, für Porjekte und wohl auch die
freie Szene BREAKING THE RULE. Diesem Kulturverständnis des ständigen
gegenseitigen Korrektivs können wir sehr viel abgewinnen.
Darüberhinaus wollen wir auf unsere Auftragsarbeiten keinesfalls verzichten:
a) weil wir viele Aufträge spannend finden. Nur eine verklärt romantische Sichtweise wünscht sich Künstler, die fernab im Dachbodenkämmerchen an ihren Obsessionen arbeiten.
b) weil uns die existentielle Unabhängigkeit von Subventionsgebern wichtig ist. Daher können wir nicht argumentieren, daß unsere Existenz bedroht ist, wenn Unterstützungen eingeschränkt werden, aber es leiden Freiräume und die Qualität der Projekte unter diesen schlechten Bedingungen. Und da unsere MitarbeiterInnen zu recht auf eine gerechte Entlohnung pochen, scheinen viele Projekte unmöglich bzw. können wir wahrscheinlich nur mehr 1 bis 2 Projekte pro Jahr in zwischenzeitlich zu entwickelnden Qualitätsstandards realisieren. Je professioneller also unsere Rahmenbedingungen werden (dazu gehören ordentliche, sozial abgesicherte Arbeitsbedingungen für MitarbeiterInnen wie sie der Staat ja auch fordert) umso weniger scheint es möglich, Projekte zu realisieren.
Dramatische Appelle haben bisher nicht gefruchtet. Wir werden zwar von
manchen Fördergebern gerne als innovatives Modell angeführt, finanziell hat
das keine Auswirkung.
Größere Projekte sind nur noch aufgrund Einzelengagements von Kulturbeamten
bzw. Privatpersonen möglich. (wie z.B. THE GREEN LINE in Palästina/
Israel.)
Ansonsten werden unsere freien Projekte y. Yt. Aus Budgetgründen immer
weniger an der Zahl.
FAZIT: Mit freier Szene ist nach wie vor "Selbstausbeutung§ gemeint....sowie Rahmenbedingungen die wohl in kaum einem anderen Bereich akzeptiert werden wuerden.
FORDERUNG FÜR UNS SELBST:
Finanzieller Bedarf für die Fabrikanten:
Wir fordern von der Stadt Linz als Subventionsgeber kurzfristig eine
Verdoppelung unseres jährlichen Projektbudgets auf ÖS 200.000,- und
mittelfristig eine Verdoppelung dieses Budgets.
Weiters die Möglichkeit anteilige Personalkosten und Infrastrukturkosten
bei Subventionsabrechnungen geltend machen zu können. Für die Richtigkeit
der Angaben der aliquoten Strukturkosten wird die Steuer- und
Wirtschhaftsprüfungskanzlei "Leitner und Leitner "garantieren.
Mit diesem Usus soll ebenso fuer andere Subventionsempfänger die auch
kommerzielle Auftragsarbeiten abwickeln ein Argument der
wettbewerbsverzerrendenden Subventionierung entkräftet werden.
Struktur im Umfeld
Gerade im Medienfeld sind mittlerweile soviele verschiedene Bereiche
relevant, die wir nicht alle selber finanzieren können. Infrastruktur,
Geräte die der Szene zur Verfügung stehen, wären für uns sehr hilfreich.
(gerade im Video- und Filmbereich)
GENERELLE FORDERUNGEN
Wir fordern eine Starthilfe:
Unsere Forderungen sollen nicht nur bestehenden Projekten zugute kommen,
sondern verstärkt anderen neuen Eigeninitiativen. Zumal mit der bestehenden
Szene Anfängern gegenüber argumentiert wird, daß sie sich doch auch erst
einmal bewähren müssen = jahrelang sich selbst ausbeuten müssen.
Diese Forderung wollen wir nicht. Ganz im Gegenteil: aufgrund der doch
weithin guten Erfahrung müssen Einzelinitiativen viel offensiver gefördert
werden.
Eine Innovationsplattform scheint uns notwendig; z.B. ein Schiff, das eine
Infrastruktur zeitlich begrenzt, jungen Initiatoren als Ausgangspunkt für
Projektentwicklung zur Verfügung steht und mobil ist. (dieses Projekt
wollten wir im Rahmen de EU - Kulturmonats `98 realisieren)
Strukturbausteine - das LEGOprinzip – kleine flexible strukturelle Dienstleistungseinheiten ergänzen bei Bedarf die freie Szene. Aus kleinen Bausteinen können bedarfsorientierte Grossstrukturen temporär eingerichtet werden: TEMPORÄRE KULTURRÄUME/ FLEXIBLE EINRICHTUNGEN, ZWISCHENNUTZUNGEN von freistehenden Immobilien ; zeitl begrenzte und auf den Bedarf abgestimmte Angebote wie Video Aufnahmeequippment, digitaler Schnittplatz (auch im Hinblick auf freies TV vgl FRO/, UnixAnlage für Highend Produktionen, PR-Werbung, Projektmanagement `=EU GELDER; EU PROJEKTE gerade im audiovisuellen Bereich..
Bestehende Institutionen
Bei den bestehenden Institutionen bin ich sehr skeptisch was die
Zusammenarbeit als Verpflichtung betrifft.
Möglicherweise ist ein Eigenfinanzierungspflichtanteil der zu einem noch
sorgsameren Umgang der Mittel anhält gut. Durch die Stärkung des Potential
der freien Szene werden die Institutionen verstärkt auf die freie Szene
zugehen, und dieser soll eine Wahlmöglichkeit bleiben, also auch keine
Verpflichtung zur Zusammenarbeit. Wahlmöglichkeit heisst finanzielle
Unabhängigkeit von Angeboten der Institutionen. Nur so kann eine
Normalisierung erreicht werden. Zur Zeit wird uns und anderen das Gefühl
der Bittsteller -vergleichbar eines weiteren Subventionsgeber- vermittelt.
Kulturzeitung
Linz braucht eine kritisch reflexive Auseinandersetzung mit dem
Kulturgeschehen. Nachdem die wenigen noch vorhandenen Tageszeitungen keine
wirkliche Auseinandersetzung mit dem kulturellen Geschehen bieten, fordern
wir eine unabhängige Zeitung vergleichbar dem Hillinger zu unterstützen.
Unser Vorschlag: Die Mitteln der Monatszeitung "Was ist los” die nur wenig
Akzeptanz findet, einer unabhängigen Zeitungsgruppe zur Verfügung zu
stellen.
Kartell (zu dt. Interessengemeinschaft)
Wir fordern eine finanzielle Unterstützung zur Etablierung des
Zusammenenschlusses der freien Szene. Sodass diese sich regelmäßig treffen,
diskutieren und vor allem ihre Anliegen wirksam artikulieren kann. (Im
Sinne eines Outsourcing von kulturpolitischen Agenden aus dem
Magistratsbereich). Es werden mit dieser Arbeit nämlich kontinuierlich
Aufgaben der Kulturententwicklung wahrgenommen.
Wolfgang Preisinger DIE FABRIKANTEN