"mach doch mal einer den kulturkack aus!
ach geht ja nicht, lass bloss an, bin ja selber drin"

(jochen distelmayer, 1990)

graffitiwas mich betrifft, so bin ich bekanntlich ja selber gerade erst mal 15 jahre alt geworden, immerhin wächst mir schon der erste flaum, zwei tuben clearasil sind bereits verbraucht, die ersten päckchen smart verraucht, und da kommst du, liebe kapu, mit deinen zarten 11 jahren.
11 jahre? zugegeben eine hübsche zahl, allein meine kindheitserinnerungen reichen weiter zurück: es war im 82er jahr, als ich die kepler universität verunsicherte, und es waren meine freunde von der sozialistischen internationalen, die mich mitschleppten in die kapu zum "demokratischen chor braunau" ich weiss es noch genau. auch gefielen mir die damals bekannten und beliebten "wellblech untergrund" recht gut, und es war der tommy zuljevic, der in der kapu zivildiente, und das geschehen vorantrieb, noch bevor die heute beliebten krispels, estls, kumps oder ehrenbergers am wort und an der tat waren.
war eh trotzdem nett, keine angst!
später traf ich den kurzmann bei der ars, und erst der erzählte mir (zu einer zeit, als die österreichischen musikfanzines, zeitschriften und -boxen längst prall gefüllt waren mit informationen aus downtown-kapu), dass sich der eigenliche höhepunkt der ars electronica am abend in der kapu abspielen würde, es wird wohl das erste nomeansno oder fugazi-konzert gewesen sein. jedenfalls war ich nicht dort, jazzvertrottelt wie ich war damals (obwohl gerade eure hc-jungs niemals müde wurden, zu betonen, dass gerade nomeansno oder fugazi eigentlich jazz spielen würden; aber das nur so nebenbei).
noch später traf ich den gstöttner erhard, zu dieser zeit kulturredakteur bei den oberösterreichischen nachrichten, und der erzählte mir von einem gespräch mit dem ehrenberger, und dass der daran denke, mit uns zusammenarbeiten zu wollen, weil, weißt eh, posthof, naja, irgendwie nicht.
das war wohl die geburtsstunde der (sub)kulturachse wels - linz!

auto-spray aktionin der zwischenzeit hatten wir unsere ersten core/metal erfahrungen gemacht, ehrenberger wird wohl die saint vitus bei uns gesehen haben und sich gedacht haben: lässig, und das war es dann.
stets erfolgreiche zusammenarbeiten bei konzerten folgten, man erinnere sich an super abende mit fugazi, nomeansno, the ex, alice donut oder false prophets; und man erinnere sich vor allem an gute gemeinsame aktionen, die, wie im fall der sprayerszene, einen nachhaltigen eindruck auch auf das erscheinungsbild des alten schlachthofs hinterlassen haben. und das referat vom ostermayer fritz anlässlich des gemeinsam noch mit dem kraftwerk steyr veranstalteten symposiums
"jugendkultur in der krise" war ebenfalls sonderklasse.
dazwischen arbeitsbesuche in der stadtwerkstatt, siebdrucken war angesagt - die lustigen "unlimited"-plakate mit dem gekrönten elliott sharp. bert hat ziemlich viel milch getrunken, weil, eh klar, drucker müssen viel milch trinken, naja.
beziehungen, freundschaften und ständige besuche hin und her: es ist schon sowas wie eine fruchtbare kommunikation entstanden zwischen uns, um das mal kräftig umständlich pathetisch zu formulieren.

aber wie geht es weiter, mit uns und bei euch? dass ihr jetzt den hillinger macht, eine zeitung die fehlte, dass ihr den hoffentlich noch lange macht, ist euch hoch anzurechnen. dass ihr immer wieder interessante veranstaltungen macht, dass wir hin und wieder gemeinsame sache machen (lieber bert: wo findet eigentlich das konzert der "goldenen zitronen" statt?), dass die kapu trotz aller nicht zu übersehenden turbulenzen im hektisch-geschwinden, hc-losen zeitalter der ausgehenden 90er jahre als kommunikationsort von ich und du, als ort des chaosmöglichmachens weiterbesteht, das ist der punkt der zählt.
auch wenn die oft schon zur routine gewordene kulturkacke manchmal nervt, ausmachen lasst euch bitte erst mal bitte nicht, denn die ideen kommen immer noch von uns, und wenn wir sie aus der selbst vollgeschissenen senkgrube heraufholen! rock'n'roll will never die, hat mal einer geträlltert, das wird's wohl nicht spielen, euch gibt's aber trotzdem noch, and that´s the main thing, baby! schöne grüsse jedenfalls und alles beste.

Wolfgang Wasserbauer

Oktober 96


wir lesen hören schauen linz