Sonntag, 22. September, gegen 23h. Erich hat mir gegen Abend die Schlüssel
zu seiner Wohnung vorbeigebracht und dabei erzählt, daß ihm heute
endlich wieder einmal die Decke auf den Kopf gefallen sei und er in den
nächsten Tagen nichts anderes vorhabe, als sich in Zügen fortzubewegen
und dabei so wenig wie möglich an Arbeit, Termine und Artikel für
den hillinger zu denken. "Und was soll ich eigentlich mit Deinen Schlüsseln
anfangen", habe ich nach Beendigung seiner Schilderung gefragt, "läßt
Du etwa neuerdings Deine verschiedenen Vögel in der Wohnung zurück?"
Darauf hat er gemeint, ich solle in seinem momentanen Zustand keine blöden
Scherze machen, schließlich habe es ihn einige Überwindung gekostet,
hierher zu kommen, um mich zu bitten, seinen verdammten Artikel über
den Oberösterreichischen Verkehrsverbund -wenn möglich bis morgen-
fertigzustellen. Zur Illustration: da sitzt dieser Kerl, den Rausch der
letzten Nacht noch ganz deutlich im Gesicht, in meiner unmittelbaren Reichweite
und ich suche vergeblich nach dem schalkhaften Aufblitzen seiner Augen,
das Lügengeschichten kennzeichnet. "Ich soll also bis morgen alleine
einen, besser gesagt, Deinen Artikel fertigstellen und dabei auch noch etwas
Vernünftiges zuwegebringen", war mein Wiederaufnehmen des Gesprächsfadens.
"Du kannst von mir aus den größten Holler schreiben, mir
ist nur wichtig, daß der Udo den Artikel morgen abend hat, wie er
ausschaut, ist mir doch egal", so die nicht unbedingt seriös einzustufende
Antwort des verkappten Starschreibers.
Nun sitze ich also in einer Wohnung, in der es saukalt ist, in der
vor mindestens fünf Jahren zum letzten Mal ein Versuch des Zusammenräumens
gestartet wurde, was u.a. im Mangel an ohne weiteres benützbaren Arbeitsflächen
zum Ausdruck kommt. Ich versuche, die diesem Chaos zugrundeliegende Ordnung
zu begreifen oder wenigstens nachzuvollziehen und scheitere daran. Spinnweben,
Staub und dazwischen bisweilen flatesk angehäuftes Gerümpel, um
nicht zu sagen, Gegenstände von persönlichem Wert, in den Lagerräumen
meines Freundes.
Wenige Minuten nach Mitternacht. Ich überlege ernsthaft,
diesen Udo oder Hugo anzurufen, um ihm zu sagen, daß er sich den Artikel
seines Verkehrshaberers in den Arsch stecken kann. Wovon hat der Idiot eigentlich
am Nachmittag gesprochen, als er meinte, es ginge im Grund genommen nur
darum, bereits vorbereitete, kompakte Informationen zusammenzufassen und
übersichtlich darzulegen? Was soll ich denn mit einem elendslangen,
nur auf Kassette existierenden Interview anfangen, das mit unpräzisen,
häufig von Verzettelung begleiteten Fragen geführt wurde, die
qualitativ entsprechende Antworten zur Folge hatten? Und was, bitte, haben
irgendwelche unentzifferbaren stenographischen Notizen auf der Rückseite
einer Informationsschrift des Verkehrsverbundes mit Vorbereitung, mit Herausfiltern
wichtiger Informationen zu tun, die ich angeblich nur mehr......
Beruhigung, ich bin müde, den komischen Artikel betreffend,
entscheidungsunfähig, werde noch eine Zigarette rauchen und mich dann
schlafen legen. Die Essensspuren im Bett stören mich nicht mehr.
Zweiter Tag, die Undurchdringlichkeit der Informationen hat sich
gelegt. Das Interview als Hörspiel empfunden und dabei doch nützliche
Passagen herausgehört, ein Telefonat mit einem Mitarbeiter der Fa.
Verasoft, noch kein brauchbarer Einstieg in den Gedanken.
OÖVV (Oberöst. Verkehrsverbund) ab 01.10.96 im Vollausbau:
ein zusätzliches, nunmehr auch für Einzelfahrkarten, Tageskarten,
Wochen- und Monatskarten anwendbares Tarifangebot, das vor allem für
Benützer verschiedener Verkehrsmittel (oder der Verkehrsmittel verschiedener
Verkehrsträger) erhebliche Vorteile bringt.
Wermutstropfen dabei: die zum Teil geschmalzenen Tariferhöhungen gegenüber
dem vorjährigen
Tarifmodell, die z.B. eine Verteuerung der Jahreskarte für 5 Zonen
um S 970,- auf S 5.830,- mit sich bringen. Auch wenn ich die Tarife des
OÖVV dennoch für günstig erachte, halte ich es doch für
verfehlt, die durch das "Sparpaket" ausgelösten Finanzierungslücken
auf eine derartige Weise
zu stopfen.
Das Vorkapitel LVV wird mit Ende September beendet, somit verschwinden u.a.
die erweiterten Kernzonen im 10-km-ÖBB-Bereich rings um Linz aus der
verkehrsbewegten Landschaft.
Grundsätzliches: OÖ ist in Tarifzonen unterteilt, dazu kommen
die Kernzonen Linz, Wels und Steyr, die im Bereich der Verbundzeitkarten
-von Wochenkarten aufwärts- nur gegen Aufpreis benützt bzw. einschließlich
Umsteigen durchquert sowie durchfahren werden dürfen, ausgenommen davon
sind ausschließliche Benützer von Eisenbahnen. Die außerhalb
der Kernzonen befindlichen Tarifzonen sind, von den Kernzone aus gesehen,
als Außenzonen zu bezeichnen. Die Haustarife der einzelnen Verkehrsträger
bleiben verständlicherweise in Kraft, der OÖVV wird also hauptsächlich
dort benützt werden, wo fahrpreisliche Vorteile gegenüber dem(n)
Haustarif(en) auszurechnen sind. Für die Fahrpreisberechnung ist die
Zahl der Zonen mit der kürzesten Verbindung zwischen Einstiegs- und
Ausstiegszone gemäß Tarifzonenplan maßgeblich.
Bei Einzelfahrten sind für die 1. Zone S 18,-, für jede weitere
Zone S 9,- sowie ab Zone 13 jeweils für 2 Zonen S 9,- zu entrichten.
Die Geltungsdauer von Einzelfahrkarten liegt zonenabhängig zwischen
1 und 3,5 Stunden, wobei diese Zeiten als Richtzeiten anzusehen sind, die
z.B. im Falle längerer Reisezeiten, schlechter Verbindungen, versäumter
Anschlüsse usw. auf die erforderliche Zeitdauer gestreckt werden können.
Einheitlich zum Preis zweier Einzelfahrten tarifierte Tageskarten berechtigen
am jeweiligen Kalendertag, bei Inanspruchnahme mehrerer Zonen, zu beliebigen
Fahrten zwischen Einstiegs- und Ausstiegszone und gelten innerhalb dieser
Zonen als Netzkarten.
Die freie Verkehrsmittelwahl, bisher nur im Jahreskartenbereich und innerhalb
der Kernzonen möglich, kann ab 01. Oktober mit allen OÖVV-Fahrausweisen
praktiziert werden. Mit einer entsprechenden Tageskarte kann ich künftig
z.B. von Rohrbach bis Linz mit dem Bundesbus fahren, den Zug bis Wels benützen,
die Welser Buslinien frequentieren, mit dem Bundesbus bis Marchtrenk und
von dort aus mit dem Zug nach Linz (zurück-)fahren, vom Hbf nach Urfahr
die Straßenbahn benützen und schließlich mit einem Schicht-Bus
der Fa. Wasserbauer nach Rohrbach heimkehren.
Die Möglichkeit, verschiedene Verkehrsmittel mit einer Fahrkarte
zu benützen, schließt nicht aus, daß es unter Berücksichtigung
spezieller Ermäßigungsausweise günstiger sein kann, mit
unterschiedlichen Fahrkarten unterwegs zu sein, was auch bedeuten kann,
OÖVV- und Haustarife zu kombinieren.
Ermäßigungsansprüche: 50% für Menschen von 6-15, Behinderte/Versehrte,
Schwerkriegsbeschädigte einschl. Opfer des Kampfes um ein freies demokratisches
Österreich und Zivilblinde. Führhunde werden gratis befördert.
Fahrkartenbeschaffung, a) mit Bargeld: Einzelfahrscheine und Tageskarten
sind in besetzten Bahnhöfen und Busbahnhöfen, bei Zugbegleitern,
Triebfahrzeugführern einmännig geführter Züge, Busfahrern,
bei umgerüsteten ESG- und eigenen OÖVV-Automaten (nicht Entwertern!)
erhältlich. Zugbegleiter und umgerüstete ESG-Automaten führen
keine Wochen- und Monatskarten. Der Ankauf von Jahreskarten ist nur über
die Fa. Verasoft, Linz/Goethestraße 7/3, möglich.
b) bargeldlos: Einzelfahrscheine und Tageskarten können auch von Wertkarten
abgebucht werden, die in besetzten Bahnhöfen jeglicher Art, bei Busfahrern,
Triebfahrzeugführern, den 14 OÖVV-Großautomaten in den Kernzonenstädten
und in Trafiken erhältlich sind. Die mit Magnetstreifen versehenen
Wertkarten kosten S 50,-, S 100,- bzw. S 200,-, der Fahrwert ist um 10%
höher. Jahreskarten s.o.
Menü: Tages-, Wochen- und Monatskarten sind übertragbar. Die Entwertung
von Wochen- und Monatskarten kann bei sämtlichen verbundtauglichen
Automaten, jedoch nicht durch Zugbegleiter erfolgen. Wertkarten können
von bis zu 7 Personen, die das selbe Fahrziel verfolgen, gleichzeitig benützt
werden, auch wenn unterschiedliche Tarife bzw. Nützungsgrade vorliegen.
Die Entwertung, also das Abbuchen der jeweiligen Fahrpreise, erfolgt wiederum
bei verbundtauglichen Automaten mit Entwerterfunktion bzw. Entwertern durch
Eingabe des Zielortes oder der Zielzonen-Nummer. Das Fahrziel wird auf der
Karte ausgedruckt, Restguthaben werden entweder auf der Wertkarte oder auf
einer von ESG-Automaten ausgespuckten Gutschriftsanzeige dargestellt. Sollte
im gegenteiligen Fall der (Rest-)Wert der Karte für die beabsichtigte
Fahrt nicht ausreichen, so kann eine weitere Wertkarte verwendet oder beim
Fahr- bzw. Schalterpersonal sowie bei umgerüsteten ESG- Automaten und
OÖVV-Kernzonenkasteln aufgezahlt werden.
Wer mit einer Bankomatkarte umgehen kann, wird auch mit der Wertkarte zurechtkommen.
Über Landesgrenzen hinaus: praktischerweise reicht der OÖVV im
Bereich der landes- und verbundgrenzenüberschreitenden Verkehrslinien
über eben diese Grenzen hinaus, so sind u.a. Großgerungs und
Waidhofen/Ybbs in das oberösterreichische Verkehrssystem eingebunden.
Andererseits fallen Fahrten, deren Ausgangspunkte in salzburgnahen oder
an Salzburg orientierten Gebieten liegen und deren Zielpunkte ...............
Montag, 23.09., kurz vor Mitternacht. Ich fühle mich unfähig,
diesen Artikel zu Ende zu bringen, gedachte Handlungsstränge umzusetzen.
Keine Korrekturen, Ausbesserungen, kein Einfügen stilistischer Feinheiten
des Narren in der Eisenbahn zuliebe. Nur mehr Fotoauswahl, morgen früh.
Die Buchstaben tanzen bereits im Kopf.
Informationsvermittler: die Herren Furtlehner, Eiler, Kilpatrick und Hosner
seitens der Fa. Verasoft.
Kurzzeitige, aber wichtige Betreuung: Petra Mayer.
Oktober 96
wir lesen hören schauen linz