So lautet etwas verkürzt der Brief, den wir an 12 AutorInnen verschickten, um sie zu einer Mitarbeit anzuregen. Weiters folgten allgemeine Information zu "hillinger", u.a., daß wir leider für eingesandte Beiträge kein Honorar bezahlen können, doch gerne ev. Termine von Lesungen oder Buchpräsentationen veröffentlichen.
Als bislang einzige Reaktion erreichte uns ein Brief von Arnold Renoldner, den wir hier mit seiner freundlichen Genehmigung publizieren:
zit 1: "Da wir unser Niveau ... verbessern wollen, möchten wir ... verstärkt literarische Beiträge anbieten."
zit 2: "Alle Beiträge werden uns kostenlos zur Verfügung gestellt."
Da will eine Zeitung ihr "Niveau" verbessern. Um das zu erreichen, will sie Literatur abdrucken. Damit man Literatur abdrucken kann, bittet man AutorInnen um Beiträge. Kostenlos.
Als Autor, der vom Schreiben lebt, halte ich so eine Bitte zunächst einmal für einen Bettelbrief. Im weiteren Nachdenken sieht die Sache schlechter aus: Ich soll Ihrem Blatt helfen, "Niveau" zu verbessern. Frage: Warum soll ich Ihrem Blatt helfen? Und warum soll ich zudem noch Disketten verschenken und andere Geldinvestitionen (Druckerkosten, Papier, Post etc.......) auf mich nehmen?
Als Gegenleistung wird promotion des Namens geboten und ev. (!!!!!!!!) Auftrittsankündigungen. Als Linzer, Linzer Geschichtenschreiber 93/94 und auch bei einem OÖ Verlag erscheinender Autor weiß ich, daß ein Auftrittshinweis im hillinger nicht 1en Hörer mehr bringt.
Für mich bleibt es also dabei: Sie wollen sich auch mit Hilfe meiner Gratisarbeit profilieren.
Bleibt mir nur zu überlegen, ob ich hillinger, den ich seit 0 zugesandt bekomme, unterstützen will.
Etwa bis Nr.00000 war ich (wie auch einige KollegInnen und andere aus der Kulturszene) der Meinung, daß der hillinger das Zeug zu einem niveauvollen, nicht dermaßen elitär abgehoben wie "kursiv" agierenden, kulturpolitischen interessanten Blatt hätte. Das hat auch mit Beiträgen von/über AutorInnen wie Kern, Habringer, Vorbach zu tun gehabt.
Andererseits gab es postpubertär untergriffige Anti-F Ausritte, deren Niveau mir wieder zu tief war. Mit Schaum vor dem Mund zu kläffen bringt gar nichts als eine gerichtliche Verurteilung.
Denn: Eure clientèle weiß schon, was sie zu denken hat. Das sind keine Haiderfans.
Auch anderes war mir zu dogmatisch.
Nun das Blatt durch Abdruck von Gratistexten aufzufetten, scheint mir nicht sinnvoll.
Ihr kriegt auf diese Art NICHT das Niveau, das ihr wollt. Arrivierte geben nicht gratis ihre besten Sachen her. Gratis kriegt man nur schlechte Kraut&Rüben (und ich weiß, wer bei der IG ist und gerne Autor/Autorin genannt werden will und dafür jeden Gratisabdruck in Kauf nimmt), oder gelegentliche "Abfallprodukte" von bekannten AutorInnen.
Auch scheint mir hillinger eher ein kulturpolitisches Blatt zu sein als eine Literaturzeitschrift.
Andererseits gibt es in OÖ keine sinnvolle Kulturzeitschrift, was auch viele AutorInnen gerne hätten. Hr. Wippersberg war nahe daran, so etwas zu machen (via IG Autoren), nach dem großen Krach hat er seinen Verein Forum Literatur mit seiner Zeitschrift "99" im Alleingang gemacht. (Wo sich etwas die auch von mir vorangetriebene "Kulturmanagerdiskussion" abspielt).
Wenn Ihr also mit Literatur etwas am Hut habt, empfehle ich einen anderen Weg - der zu Gratismitarbeit führen könnte, weil die Motivation eine andere ist:
Setzt Euch mit der IG-Autoren zusammen. Der Vorstand der IG-Autoren besteht aus je einem Vertreter der größten Literatenvereine in OÖ: PEN, GAV, AKL, Welser AutorInnen, Stelzhamerbund, Neues Forum Literatur, ein Vertreter der nicht organisierten Autoren. Ich bin sicher, daß von Autorenseite ein großes Interesse an einem Medium besteht, in dem AutorInnen ihre kulturpolitischen Beiträge placieren können.
Also: Nicht Einzelne anbetteln, sondern mit der Autoren"gewerkschaft" [...] ein für beide Seiten interessantes Konzept ausarbeiten.
Soweit die engagierte Stellungnahme von Herrn Renoldner, die wir als Anregung und Diskussionsgrundlage verstehen.
Zu Beginn sollten vielleicht einige Mißverständnisse geklärt werden:
1) AutorInnen, die uns Beiträge auf Disketten sowie Foto und Lebenslauf zusenden, bekommen diese Unterlagen wieder retouniert.
2) "jedoch ev. Termine von Lesungen oder Buchpräsentationen veröffentlichen können". Die Abkürzung "ev." bedeutet, daß wir eventuelle Termine veröffentlichen und nicht wie hier offensichtlich mißverstanden eventuell Termine veröffentlichen!!!
Nun zur eigentlichen Diskussion: "hillinger" verfügt über ein relativ fixes AutorInnen- und MitarbeiterInnenteam, das unbezahlt viel Zeit und Energie investiert, um "hillinger" überhaupt zu ermöglichen. Ebenso ist es der Anspruch "hillingers", nämlich offen zu sein, eine breite Meinungsplattform zu bieten und eben auch Artikel zu veröffentlichen, die sonst zensuriert oder ignoriert werden, der genau solche Diskussionen ermöglicht und zu einer kritischen Auseinandersetzung führt.
Wenn Herr Renoldner die ersten Nummern als seinen Ansprüchen gerecht werdend lobt und dabei besonders die Beiträge von und über AutorInnen hervorhebt, so sind wir in medias res. Diese AutorInnen haben KEIN Honorar für ihre Beträge bekommen und trotzdem Qualität geboten. Hier wäre vielleicht anzumerken, daß wir unseren AutorInnen und MitarbeiterInnen gerne das ihnen zustehende Honorar bezahlen würden. Leider ist es uns aber finanziell nicht möglich. Jede/r KulturszeneninsiderIn und auch Herr Renoldner weiß über dieses Problem bestens Bescheid.
Im Übrigen frage ich mich, wie sich z.B. Herr Ludwig Laher fühlt, wenn ihm unterschwellig ein "Abfallprodukt" unterstellt wird, nur weil er "hillinger" mit seinem "Gratistext" unterstützte (vgl. nr 2, Feb 96). Ähnliches gilt für die Redaktion respektive mich, wenn mir unterschoben wird, literarischen Mist nicht zu erkennen und den dann womöglich auch noch zu veröffentlichen.
Außerdem ist mir nicht ganz klar, warum eine Zeitung wie "hillinger" keine Literatur bringen, sonderen sich auf Kulturpolitisches beschränken soll. "hillinger" versuchte von Anfang an, ein breites Spektrum an kulturellen Themen abzudecken, von Musik über Film bis eben hin zu Kulturpolitik und Literatur, die sich ja für ein Printmedium geradezu anbietet. Film und Musik können wir nicht im Original, sondern "nur" in Form von Rezensionen und Berichten bringen - Literatur hingegen direkt und authentisch.
Wir verstehen "hillinger" per se und die Themen- und Meinungsvielfalt im "hillinger" als kulturpolitsches Statement und sehen die unentgeltlichen Beiträge von AutorInnen als aktive Kulturpolitik und als beste Form der Unterstützung für "hillinger".
APRIL 96
wir lesen hören schauen linz