hillingers EU - Tagebuch

geführt von Eugenie Kain

16. April
Jetzt muß der Rinderwahnsinn auch schon für Witze herhalten: Wie kann man zum Rinderwahnsinn noch sagen? Kulinarisch. Naja.
17. April
Beim Meinl ist das Corned Beef in Aktion.
18. April
Die Werbeagentur Demner - Merlicek und Berghammer stellt wieder im Auftrag der Regierung EU - Fragen: "Zum ersten Mal seit 50 Jahren billigere Lebensmittel. Was meinen Sie, warum?"
26. April
Der Wiener Drogenkoordinator Peter Hacker ist über die Drogenbeschlüsse des EU - Parlaments enttäuscht. "Ein Rückschritt". Das EU- Parlament hat es abgelehnt, Süchtige als Kranke einzustufen. Auch die Verteilung von Einwegspritzen als Vorbeugung gegen Aids wurde abgelehnt.
Agrarkommissar Fischler spricht wie gewohnt mit gespaltener Zunge: "Wenn ich in London wäre, würde ich britisches Rindfleisch essen". Die Briten sind not amused.
1. Mai
Tag der Arbeit. Die "wir werden nicht zulassen" - SPÖ wollte den Feiertag gerne auch als Tag der Arbeitslosen sehen. Verkommener, verlogener und charakterschweinischer gehts wohl nicht mehr: Seit heute gelten für Arbeitslose dank SPÖ - dominiertem Regierungssparpaket verschärfte Bestimmungen. Wer als Arbeitsloser mehr als 3599 Schilling brutto dazuverdient, bekommt für dieses Monat kein Arbeitslosengeld mehr, soll heißen, der muß dann von 3600 Schilling leben. So ausgewogen ist das Sparpaket.
5. Mai
Befreiungsfeier in Mauthausen. Weil es im Mauthausenkomitee auch großkoalitionär zugeht, mußte neben Innenminister Einem noch ein ÖVPler ans Mikrofon. Die schwarze Seite wollte tatsächlich mit Fischler für den EU - Wahlkampf punkten. Viele Zuhörer hatte der Agrarkommissar nicht mehr. Er sagte, Österreich müsse sich "mit der ganzen Tiefe seiner Geschichte" in Europa einbringen. Vor dem Hintergrund der ÖVP - Bestrebungen nach Einmarsch in WEU und NATO war dieser Auftritt der Befreiungsfeier in Mauthausen unwürdig.
Interessant war das Verhalten der Gendarmen und der Stapo während der Rede ihres Chefs. Einem sprach über Vorurteile gegenüber anders Aussehende, die Gendarmen unterhielten sich verächtlich über das Aussehen von friedlich zuhörenden jungen Leuten. Und die Stapo photographierte und filmte wie verrückt, Alte, Junge, Langhaarige, Normalaussehende, Männer und Frauen. Anscheinend ist jeder verdächtig, der den Worten eines Innenministers Einem zuhört. Aber vielleicht brauchen sie die vielen Aufnahmen von AntifaschistInnen gar nicht mehr als Beweis gegen ihren Chef, sondern arbeiten schon für den Schengener Zentralcomputer .
6. Mai.
Auch Sozialminister Hums gehört zur "wir werden nicht zulassen" - Partie: Um die Krankenkassen zu entlasten, überlegte er, die Rezeptgebühren auf 60 Schilling zu erhöhen. Es gäbe weit effizientere Sanierungsmaßnahmen: Statt teurer Therapien für Bandscheibenleiden, Rückenschmerzen, Ischias etc. wird zum Selbstkostenpreis eine Busfahrt nach St. Thomas am Blasenstein organisiert. Dort zwänge sich der Schmerzbeladene durch die Buckl - weh -Luck'n und springe wieder wie eine junge Gams. Auch andere Kraftorte können angefahren werden und Morgenurin ist ohnehin das Beste bei Hautkrankheiten. Im übrigen folge man dem Beispiel alter Völker: Der Eskimo geht ins Eis, wenn er für die Gesellschaft nutzlos geworden ist, der Targi in die Wüste. Da wird sich für unsere Alten schon ein geeignetes Platzerl an der Donau finden lassen.
8. Mai
Rapid spielte in Brüssel um den Europacup. Einer wollte da auch dabei sein und gleichzeitig die Durchlässigkeit europäischer Grenzen testen. Ohne Paß landete er samt grün-weißem Schal im Transitraum. Dr. Jörg Haider weiß jetzt, daß auch die belgischen Grenzschützer ordentlich arbeiten. Nur bei ihm mußten sie ein Auge zudrücken, sonst hätte er das Rapidspiel versäumt. Nigerianer und Rumänen sitzen noch immer.
Am selben Tag verurteilte das Parlament in Strasbourg die Verhetzungspolitik eines Le Pen und Jörg Haider. Unsere lieben ÖVP - Abgeordneten stimmten natürlich gegen diesen Antrag.
17. Mai
Die EU - Kommission teilt mit: Trotz Sparpaket erfüllt Österreich die Maastricht - Kriterien für eine gemeinsame Währungsunion nicht.Weitere Sparpakete (fürs Volk) müssen folgen.


JUNI 96

wir lesen hören schauen linz