Zeit & Genossen

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"Es hat was kleinliches, gegen Individuen zu polemisieren, wie der Handel en detail. Will er die Polemik nicht en gros betreiben, so muß der Künstler wenigstens solche Individuen wählen, die klassisch sind und von ewig dauerndem Wert. Ist das auch nicht möglich, etwa im traurigen Fall der Notwehr: so müssen die Individuen, kraft der polemischen Funktion, so viel als möglich zu Repräsentanten der objektiven Narrheit idealisiert werden".
Friedrich Schlegel, Schriften zur Literatur

Lieber Hades,

natürlich bin ich auch der Meinung, daß dieses kulturpessimistische Gejammere, daß früher ohnehin alles besser gewesen sei, man von der Zukunft ohnehin rein garnix erwarten könne, wenig bringt; weil's fürderhin nur die eigenen Kräfte lähmt und letztendlich eine Auseinandersetzung mit den allgegenwärtigen korrumpierten Geistern und Kleingeistern, die sich im schmutzigen Geschäft des Meinung-Machens umtun, verhindert.

Aber anders fällt es einem schwer zu glauben, daß ein Fortschritt möglich ist: "Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können, das macht den Journalisten." schrieb Karl Kraus in der "Fackel". Keinen Gedanken haben und ihn nicht ausdrücken können, sollte man bei aktuell sich umtuendem Gesocks wohl meinen. Bedingungslose Anbiederei an den vorherrschenden rechten Zeit-Geist ist angesagt bei diesen Kerlen, auch wenn man noch vor drei Jahren auf Podiumsdiskussionen gesessen ist (von mehr kann da ja wirklich nicht die Rede sein), wo es um den Kampf gegen den Rechtsextremismus scheinbar ging. Ich denke, Du weißt, welche politisch verlotterte Figur ich meine. Hans Köppl, der sich mit der jeweils hippen Meinung in die Chefredaktion des selbsternannten Landeshauptblattes gedient hat. Eine Geisteskatastrophe, das hat er ja stets mit seinen Kommentaren klar bewiesen. Denn schreiben kann er nicht, geschweige denken. Ein Mann der Zeit! ­p; was aus seinen Beiträgen gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941 - 1944" wohl deutlich spricht. Doch davon später.

Ein wenig erinnert er mich schon an den subalternen Uraltjournalistenkasperl Erwin H. Aglas. Ein Nazischreiberling seit jeher, nur mit anderer Tarnung zu jeweils anderen Zeiten. Seine durchwegs und andauernd zweifelhafte Karriere begann bei der NSDAP-Tageszeitung "Neue Zeit", noch lange später lobte er das hohe journalistische Ethos bei diesem Nazi-Propagandablatt, das ihn schließlich schaßte, weil er die Portokassa klaute, wie mir Freund E. berichtet hatte. Seine Laufbahn setzte er fort als Frontberichterstatter aus Rußland. Eine Tätigkeit, die genau das vertuschen sollte, was oben erwähnte Ausstellung nun auch bei uns wieder einmal bestätigt hat. Ob Aglas selber in Ausübung seiner "journalistischen Tätigkeit" bei Geiselerschießungen mitgewirkt hat oder dabei war, konnte mir niemand bestätigen. Er selber berichtete immer nur den alten Sermon, daß niemand doch etwas gewußt hätte, was ihn verdächtig werden läßt.

Später dann trieb er sich in demokratischer Verkleidung herum bei manchen Medien, betrieb das "Österreichische Pressebüro", mit dem er sich Broschüren schreibend ins finanzielle Augenmerk der Parteien schleimen wollte. Als erste klarerweise VdU ­p; Auffangbecken alter Nazis ­p; was denn sonst. Mit dem Buch "Der Rebell" kroch er Haider in den Arsch. So ging es fort, das widerliche Tun des widerlichen Kerls, bis Konkurs ihn für kurze Zeit ins journalistische Ausgedinge schickte. Jetzt ist er Leserbriefschreiber bei den OÖNeu, ob gedungen weiß man nicht. "muß man feststellen, daß die OÖN wie keine andere Zeitung um Objektivität bemüht war", schreibt der Kerl in routinierter Drecksgesinnung zur Berichterstattung über die Wehrmachtsausstellung.

Was ist da objektiv, wenn "Chefredakteur" Köppl in perfekter Sprachkorruption schreibt "wobei freilich die deutschen Verbrechen keinesfalls als Reaktion auf sowjetische Greuel umgedeutet werden dürfen." Er deutet um, schreibt Geschichte neu im Sinn der alten Verbrecher. Er suggeriert, daß Nazi-Verbrechen vielleicht doch ihre Berechtigung hatten Er lamentiert: "Kriegsverbrechen gibt es seit es Kriege gibt", will weismachen, daß Bosnien doch nicht minder grausam sei, will mit solchen Vergleichen relativieren heute, und morgen die Wehrmachtsweste gänzlich reinwaschen. Er fordert Differenzierung, und weiß wahrscheinlich, daß, wer heute die Verbrechen der Wehrmacht differenziert betrachtet haben will, morgen fordert, daß Auschwitz man differenzieren möge. Letztendlich verweigert er, anzuerkennen, welches Thema und welchen Titel diese Schau trägt, sonst wiese er nicht immer hin auf andere Geschichten, die sicherlich auch schrecklich waren, aber niemals doch vergleichbar.

"Ob die Ausstellung aber tatsächlich der Beitrag zur Aussöhnung von Generationen beziehungsweise zum Verständnis zwischen Kriegsgeneration und Nachgeborenen füreinander ist, der ein solches Vorhaben sein könnte, ja müßte, ist jedoch zweifelhaft", schmiert dieser Lump. Was impliziert, daß er von uns Verständnis auch für die Kriegsverbrecher heischt. Ich für meinen Teil will niemals Versöhnung mit diesen Gaunern und "willigen Vollstreckern". Den Lügnern und Habe-doch-nichts-gesehen-und-gewußt-Arschlöchern. Froh bin ich, wenn diese Kerle einmal nicht mehr sind. Aber sie haben sich ja bereits reproduziert in diesen Schreiberlingen.

Daß dieser Provinz­p;Chefredakteur auch noch Lohnschreiberlinge wie den konservativen Wirtschaftsgeschichtler Sandgruber mobilisiert, der der Ausstellung gleich Fälschungsverdacht unterstellt, sagt viel; beweist, daß er lange schon geplant hat, die Ausstellung zu desavouieren.
Letztendlich möcht' ich meinen, daß sich Köppl untertänig wie er immer war, dem Landeshauptmann angedient hat, der in politischer Ungeheuerlichkeit der Ausstellung die finanzielle Unterstützung verweigerte. Aber das ist ein Kapitel, das mir nun wirklich zuwider ist anzuschneiden. Denn erst unlängst schrieb ich, daß die Polemik gegen diesen Kasperl aus Langeweile mich nicht interessiert.

Wohl auch der Köppl ist ein Schlafmittel und der Auseinandersetzung nicht wirklich würdig. Aber ich wollte doch einmal journalistische Kontinuitäten zeigen, wiewohl ich annehme, daß er bei OÖNeu nicht die Portokassa klaute, wie sein Spiegelbild, der subalterne Aglas es angeblich tat.

Im übrigen laß uns dem alten Friedrich Schlegel gedenken. Repräsentanten der objektiven Narrheit, das sind sie wohl, aber gefährlicher werdende Repräsentanten einer Dummheit, die leicht in Gewalt und Terror umschlagen kann

meint zumindest

Dein Matti Link


PS.: Daß zwei Nachrichten­p;Redakteure engagiert-aufgeklärte Berichterstattung zur Ausstellung lieferten, freut mich selbstverständlich. Es ist sicherlich nicht leicht, in solch einem Umfeld Rückgrat zu zeigen. Aber andererseits keimt in mir schon der Verdacht, daß beide als liberales Tarnmäntlein mißbraucht werden, um für's Gutmenschengesocks noch zu verbergen, daß bei OÖNeu schon längst ein anderer Wind weht.


JÄNNER 97


wir lesen hören schauen linz