Im Linzer Donaupark findet von 21. Mai - 1. Juni 1997 eine Open-Air-Ausstellung zum Thema "Kunst und Zensur In Österreich" statt.
"An
der Grenze des Erlaubten" ist eine Wanderausstellung, die als Installation
im öffentlichen Raum konzipiert ist. Schautafeln in Form stilisierter
(Schmutz)Wäschestücke hängen auf gespannten Stahlseilen.
Diese Tafeln dokumentieren in rund 70 Fallgeschichten aus der Zweiten Republik
prominente und weniger bekannte Fälle von KünstlerInnen, die
polizeilich oder gerichtlich verfolgt, kriminalisiert, in politischen und
medialen Kampagnen attackiert, von Bürgerinitiativen angegriffen oder
deren Kunstwerke gewaltsam zerstört wurden.
Geordnet sind die Tafeln entsprechend dem Inhalt der jeweiligen Inkriminierungsversuche
in die Themenbereiche "Verschandelung", "Nestbeschmutzung",
"Gotteslästerung", "Verleumdung" und "Perversion".
Photos, Zeitungsausschnitte, Reproduktionen von Kunstwerken, Auszüge
aus Gerichtsdokumenten und chronologische Darstellungen veranschaulichen
die einzelnen Fälle. Die Materialien wurden teils von den betroffenen
KünstlerInnen zur Verfügung gestellt, teils stammen sie aus Archiven,
von Galerien und VeranstalterInnen oder aus wissenschaftlichen Dokumentationen.
Manche Fallgeschichten erscheinen als Realsatiren, der Großteil der
Dokumente, wie diverse Drohbriefe oder Hetzartikel, illustrieren die Gefahr
eines kulturfeindlichen Klimas, in dem bisweilen die Grenzen der Gewalt
überschritten werden.
Trotzdem will die Ausstellung nicht das Bild eines hoffnungslos kulturfeindlichen
Staates vermitteln. Sie will Skandale nicht noch einmal skandalisieren.
Ohne selbst zu kommentieren, zeigt sie die Bandbreite von Möglichkeiten
an der Grenze des Erlaubten: Blamagen und Zerstörung von Existenzen,
aber auch jene Fälle, in denen der Skandal zum Erfolg von Kunst und
KünstlerInnen beigetragen hat. Die BetrachterInnen sind eingeladen,
sich selbst ein kritisches Urteil über die Motive und Konsequenzen
der Inkriminierung von Kunst zu bilden.
Dienstag, 20. Mai, 20.00 Uhr
Eröffnung
Grußworte von Margarete Schütte-Lihotzky "Skandalmusik"
- Musik, die in ihrer Zeit verpönt, skandalisiert oder verboten war.
Mittwoch, 21. Mai, 19.00 Uhr, Kunsthochschule, Hauptplatz
"Die 'strengen' 50er Jahre. Kulturpolitik/Restauration/Kalter Krieg"
Die wiederhergestellte Demokratie liebte gerade jene Künstler
nicht, die 1933 bis 1945 ins Abseits gedrängt, verboten und verfolgt
worden waren. Der "Fall Brecht", die "Säuberung"
der Bibliotheken der Amerika-Häuser, der erneute Aufstieg und die
öffentliche Würdigung von Vertretern der Heimatkunst, die durch
ihr (Mit-)Wirken in der NS-Zeit diskreditiert worden waren, waren Ausdruck
einer kulturpolitischen Restaurationsphase der 50er Jahre, die mit dem
Kalten Krieg einherging.
(Ludwig Boltzmann Institut/Uni Linz)
Donnerstag, 22. Mai
"WWW.micro$oft/zensur"
Die Micro$oft Hate Page ist eine satirische Kritik der Monopolstellung
der Firma Microsoft. Sie wurde bei der Ars Electronica 95 ausgezeichnet
("Most likely to be censored site"). Zwei Jahre später wird
die Hate Page vom AEC selbst auf wirtschaftlichen Druck hin entfernt.
(Kulturreferat/ÖH Uni Linz)
19.00 Uhr, Uni Linz
"illegal links"
Ein Server geht ans Netz. Präsentation der zensurierten WWW-Page
und Einladung zum Surfen.
21.00 Uhr, Stadtwerkstatt
"Micro$oft Hate Party"
Sounds by smiling buddhas: Wolfgang Dorninger & DJs.
Freitag, 23. Mai, 20.00 Uhr, Theater Phönix
"Zum Terminus Kulturkampf"
eingeladen sind: Christine Frisinghelli, Reinhard Kannonier, Manfred
Klügl, Franz Primetzhofer, Georg Ritter, Mark Terkessidis, Walter
Wippersberg
Der Begriff "Kulturkampf" wurde in den letzten Jahren von der
sogenannten neuen Rechten dazu benutzt, die angeblich existierende "linke
Hegemonie" im kulturellen Bereich zu denunzieren und den politischen
Paradigmenwechsel zu betreiben. Die Kulturszene bedient sich dieses Begriffs
unreflektiert, ohne zu analysieren, ob das Erstarken radikal rechter Ideologie
und Politik wirklich Resultat eines neurechten "Kulturkampfes"
ist.
Oder ob die Antreiber für diese grundsätzliche Umwälzung
unserer Gesellschaft und des Staates nicht in den Reihen der Herrschenden
in Politik und Ökonomie zu suchen sind, die Stichwortgeber nicht in
den zu manchesterliberalen Sturmtruppen mutierten Wirtschaftsredaktionen
sich einstmals liberal gebärdender Blätter.
(Theater Phönix/SPÖ OÖ)
Samstag, 24. Mai, 15.00 Uhr, Stadtwerkstatt
"diesmaLegal" GRAFFITI KUNST
Live Sprühen für Entkriminalisierung der Untergrund-Kunstform
Graffiti.
(Stadtwerkstatt)
Sa.24. Mai, 20.00 Uhr, Ausstellungsgelände
"Repression und Zensur gegen linke Medien in der BRD am Beispiel
der Kriminalisierung der Zeitschrift RADIKAL"
Vortrag und historischer Abriß, Büchertisch zum Thema vom
Infoladen 10 Wien.
(KAPU)
Montag, 26. Mai, 20.00 Uhr, Donaupark Linz
"Kalte Zensur - Einschränkung künstlerischer Aktivitäten
auf Umwegen"
Die Möglichkeiten und Formen der "kalten Zensur" werden
anhand von Beispielen der oberösterreichischen Kulturinitiativenszene
aufgezeigt.
(Gesellschaft f. Kulturpolitik)
Dienstag, 27. Mai, 16.00 Uhr, Kunsthochschule Hauptplatz
"Die Zensur als Motor der Formfindung"
Es wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Zensur manchmal Kunst
hervorbringt - wenn sie zum Beispiel eine politische Äußerung
verbietet. Die Zensur bewirkt dann, daß der politische Inhalt sich
eine künstlerische Form sucht, um - teilweise maskiert - doch zugelassen
zu werden.
(Kunsthochschule Linz)
Donnerstag, 29. Mai, 19.30 Uhr, AEC
"Censored!
Beschränkung, Regulierung und Freiheit im Internet"
(AEC)
Fr.30. Mai, 20.00 Uhr, Ausstellungsgelände
"Die Brüste der Grace Jones"
Vortrag mit filmischen Beispielen zur Zensur in Film und (Verleih-)Video.
Vortragender: S. Colic, Wien
"Blutgeil - Der Film", A-Real-Life-Comedy in 6 Parts
(KAPU)
20. Mai - 1. Juni, Innenstadt
"Mauern des Anstosses"
An drei belebten Plätzen der Innenstadt werden Mauern errichtet.
Sie symbolisieren jene Mauern, die der kulturellen und sozialen Entwicklung
durch Populismus, Unmenschlichkeit und Dummheit in den Weg gestellt werden.
Die aufgedruckten markigen Zitate (meist von Politikern), die sich durch
besondere Niederträchtigkeit auszeichnen, sollen zeigen, welche geistigen
Grenzen es sind, an die die Humanisierung der Gesellschaft anstößt.
(KUPF OÖ)
"Kino und Zensur" - Eine Filmreihe zum Thema mit:
20. Mai - 5. Juni, Kino Moviemento
· Der Andalusische Hund (Bunuel) · Ricotta ·
· Beruf Neonazi · Die Spur der Steine · Larry Flint
·
· Ludwig II (Visconti) · Das Salz der Erde · The Killer
· · Das letzte Loch (Achternbusch) · Der Strohmann
·
· A Clockwork Orange · Info: 0732/78 40 90
20. Mai - 31. Mai, Cinematograph
· Der brave Sünder (1931, F. Kortner)
· Der große Diktator (1940, Charlie Chaplin)
Info: 0732/78 56 03