Nein zu NATO und WEU

Für Frieden und Neutralität1

nblogoDie Entwicklungen der europäischen "Sicherheits"politik und die österreichischen Diskussionen um die immerwährende Neutralität unseres Landes haben sich zugespitzt. Die politischen Interessenslagen liegen vor: Die Mehrheit der ÖsterreicherInnen wünscht sich eine Beibehaltung der Neutralität als wesentlichen Eckpfeiler der Zweiten Republik. In ÖVP, FPÖ und LIF reicht das Spektrum der Militarisierung von WEU2-Beitritt bis zur NATO-Vollmitgliedschaft. Die SPÖ hat sich politisch in die Ecke des Abwartens bzw. des Formulierens von Bedingungen für einen NATO-Beitritt drängen lassen. Die Grünen und die KPÖ halten an der Neutralität fest. Was die Österreichische Neutralitätsbewegung anbieten möchte, ist eine auf breiter Basis angelegte politische Artikulationsmöglichkeit für Frieden und Neutralität für die ÖsterreicherInnen.

NATO und WEU sind Militärblöcke und Symbole des Militarismus. Sie funktionieren nach dem Prinzip der Aufrüstung und Abschreckung. Diese "Sicherheits"konzepte sind immer wieder gescheitert. Feindbilder und Aufrüstung provozieren "Gegen"-Feindbilder und "Gegen"-Aufrüstung. Zivile und gewaltfreie Konfliktlösung wird dadurch an den Rand gedrängt. NATO und WEU sind kommunizierende Systeme, die sich beispielsweise durch gemeinsame Truppenkontingente und -übungen gegenseitig verstärken und stützen. NATO-Staaten geben durchschnittlich 3 % für Militär und Rüstung aus. Österreich müßte bei einer Anbindung an die NATO in den ersten 10 Jahren 200 Milliarden Schilling für Kriegsmaterial und dessen Wartung ausgeben. Bis ins Jahr 2006 hätten wir 400 Milliarden Schilling (1/4 der österreichischen Gesamtverschuldung) auszugeben. Die NeutralitätsgegnerInnen bereiten Österreich z. B. mit den jüngst beschlossenen Käufen von NATO-kompatiblen Waffensystemen auf eine Beitritt zum Militärblock vor. Gleichzeitig fehlt es in Österreich an billigen Wohnungen, Kindergärten und Arbeitsplätzen!

Österreich ist Vollmitglied im Rahmen der NATO-Partnerschaft für den "Frieden", hat einen Beobachterstatus im NATO-Kooperationsrat und ist ebenfalls Beobachter in der WEU. Bereits Maastricht I schreibt fest, daß die WEU - die im Sinne des Neutralitätsgesetzes als Militärblock zu definieren ist - integraler Bestandteil der Entwicklung der EU ist. Vom derzeit laufenden Maastricht II-Prozeß können wir die Auflösung des Vetorechts und die Beistandspflicht bei Kampfeinsätzen erwarten. Die politische und militärische Marschrichtung der NATO läßt sich an den verteidigungspolitischen Richtlinien der dt. Bundeswehr (1992) exemplarisch ablesen: "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt". Die Schlagworte der NATO-neu lauten: peace enforcement3 und out-of-area4. Militäreinsätze werden je nach Interessenslagen der Industriestaaten an allen Ecken und Enden der Welt mit hochprofessionellen und mobilen Truppen durchgeführt.

Die Neutralität ist kein schwächliches Konzept der Nicht-Einmischung. Sie ist vielmehr ein Baustein einer aktiven und solidarischen Friedenspolitik. Neutralität steht für Dialogbereitschaft, glaubwürdige Friedensvermittlung, vorbeugende Konfliktarbeit, Initiativen zur Verhinderung der Neuauflage des Ost-West-Konfliktes, zur Entschärfung des Nord-Süd-Konfliktes und zur Entmilitarisierung der politischen Beziehungen. Die Neutralität ermöglicht uns die Solidarität mit den "armen" Staaten dieser Welt, die NATO/WEU-Mitgliedschaft zur militärischen Kumpanei mit den reichen. In einer Welt voller Konflikte ist die Neutralität ein zeitgemäßes politisches Programm. Friedensverhandlungen und der Einsatz österreichischer FriedensdienerInnen können - im Gegensatz zum militärischen Muskelspiel - langfristig eine solidarische Basis für eine international angesehene Friedenspolitik bieten.

Auch außerhalb der EU gibt es in zahlreichen osteuropäischen Staaten Initiativen für Frieden und Neutralität. In der Slowakei, Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Belarus, Polen, in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen aber auch in Teilstaaten Ex-Jugoslawiens existieren Bestrebungen nach "Block- bzw. Allianzfreiheit" oder "Neutralität nach österreichischem oder schweizer Muster". Eine intensive Zusammenarbeit dieser Staaten in Form eines neutralen Korridors trägt geographisch und politisch weitreichend zur Entmilitarisierung bei. Ein neutraler Korridor setzt sich für glaubwürdige Friedensvermittlung, zivile Konfliktlösung und eine Sicherheitspolitik auf Basis von Vertrauen, Weltoffenheit auch durch international tätige Friedensorganisationen ein. Das bereits funktionierende System des "Österreichischen Friedensdienstes" ist in diesem Rahmen weiter auszubauen.

Die Österreichische Neutralitätsbewegung ist ein Zusammenschluß von mittlerweile über 80 Institutionen, Vereinen und Gruppierungen, die sich auf Basis des "Aufruf für Neutralität" - den auch der KV KAPU mitunterstützt - für aktive Friedens- und Neutralitätspolitik einsetzen. In diesem Rahmen werden wir am 24. Mai in Wien von 13 bis 16 Uhr die "Versammlung am Ring - Für Frieden und Neutralität" durchführen. In Linz werden wir am 16. Mai ab 16 Uhr (Treffpunkt Schillerpark) gegen einen NATO und WEU-Beitritt und für Frieden und Neutralität eine Demonstration veranstalten. Zur Bewerbung dient uns die Bausteinaktion, innerhalb derer jede/r die Möglichkeit hat, den abgebildeten Farb-Poster von Gerhard Haderer für einen Bausteinbeitrag von 100,- pro Poster im A2-Format zu erwerben. Mit der Beilage in diesem hillinger können Bausteine im Koordinationsbüro bestellt werden. Setzen wir am 16. Mai ein Zeichen gegen die Militarisierung Europas! Für Frieden und Neutralität!

1 Der Autor ist Vorsitzender der Friedenswerkstatt Linz, Koordinationssekretär der Österreichischen Neutralitätsbewegung und arbeitet an einer Dissertation über eine neue europäische Friedensordnung.
2 WEU = Westeuropäische Union (europäischer Arm des Militärblocks NATO)
3 Herbeiführen des "Friedens" mit Waffengewalt
4 Einsätze außerhalb des Vertragsgebietes z. B. in Afrika


mai97

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