hillinger: Gegen dich und die Black·Box wird derzeit von
der JVP ein Medienrechtsprozeß angestrengt. Das ist der erste derartige
Prozeß in Österreich gegen ein Online-System. Wie ist das passiert?
Tom K.: Ausschlaggebend war eine Diskussion im November 96 über
die Abschaffung der Sondergesetze gegen Schwule und Lesben (§ 209,
221, 222). In dieser Diskussion hab' ich in die Konferenz der JVP-Wien
mehrere Presseaussendungen und persönliche Statements zu diesem Thema
reingestellt. Nachdem die JVP Probleme hat, auf inhaltliche Mails und Argumente
einzugehen, haben sie begonnen, diese Mails zu sperren und später
dann anschließend zu löschen. Ich hab dann jedesmal wenn ein
Mail gesperrt wurde, das Mail nochmals reingstellt, sodaß schlußendlich
dann an die 50 Mails hintereinander gesperrt waren.
Gleichzeitig hat die JVP begonnen, Engelbert Dollfuß im Netz hochzujubeln.
Wie
hat sich das geäußert? So die "Immer für Österreich"-
Schiene?
Es sind von JVP-Mitgliedern so Meldungen gekommen wie "Der
Märtyrer Engelbert Dollfuß starb mit den Worten GOTT SCHÜTZE
ÖSTERREICH auf seinen Märtyrerlippen". Das war dann für
mich der Punkt, wo ich mir gesagt habe das geht so nicht mehr weiter. Ich
hab´ begonnen, eine hitzigere Diskussion mit ihnen zu führen,
die daraufhin wieder gesperrt und gelöscht wurde. Es sind so tiefe
Rückmeldungen gekommen wie "Wir sind froh, daß AIDS die
Strafe Gottes ist", weil dann könnten wir uns wenigstens nicht
mehr weitervermehren, und das Problem mit uns Schwulen würde sich
von selbst lösen. Das als ganzes hat mich dazu gebracht in der Diskussion
ausfällig zu werden. Schwulenhetze, das Nichteingehen auf Argumente
in Verbindung mit der Hochstilisierung von Dollfuß zum Märtyrer,
hat mich zu der Beschreibung "Austrofaschistische Rotzlöffel"
und ähnlichen Ausdrücken veranlaßt .
Wegen der Rotzlöffel kam's also zur Klage?
Ich hab' dann monatelang nichts gehört, auch nicht gewußt
daß ich Verhandlung habe, und hab' erst relativ spät erfahren,
daß es einen Prozeß gibt. Es ist der erste Prozeß in
Österreich gegen den Benutzer einer Mailbox und gegen die Mailbox
selbst.
Also 2 verschiedene Klagen?
Die Black-Box wurde als angebliche Medieninhaberin geklagt und ich wurde
sowohl strafrechtlich als auch privatrechtlich belangt.
Wie
schaut's da konkret mit der Prozeßstrategie aus?
Daß Interessante an der B·B ist, daß die JVP
die B·B als Medieninhaberin sieht, die damit verantwortlich für
den Inhalt der Usermails ist. Die JVP hat eine gemietete Konferenz auf
der sie den Moderatorstatus einnimmt , kontrolliert was reinkommt und löscht,
was heißt, sie leisten redaktionelle Arbeit. Als Redaktion wäre
aber die JVP selbst Medieninhaberin . In diesem Punkt sieht's für
B·B gut aus, die Klage zu gewinnen. Für mich schaut's dafür
schlecht aus, für "Rotzlöffel" werd' ich mich entschuldigen
müssen, aber für "Austrofaschistisch" werd' ich den
Wahrheitsbeweis antreten.
Austrofaschistisch gilt nicht als Beschimpfung ?
Nein, als politische Bewertung und für diese werden wir auch
anhand ihrer eigenen Mails den Beweis antreten.
Wir versuchen derzeit die verschiedenen Prozesse zusammmenlegen zu lassen,
um nicht wegen des selben Delikts vor 2 verschiedenen Richtern zu sitzen.
So wie's ausschaut, ist das Gericht mit der Sache völlig überfordert.
Der Richter versucht gerade, den Gerichtssaal netztauglich zu machen, weil
er sich unter einer Mailbox nichts vorstellen kann.
Das derzeitige Medienrecht greift nämlich bei den neuen Medien überhaupt
nicht. So muß z.B. die Tatortbegehung ausfallen, da man sobald man
ins Netz einsteigt, am Tatort ist. Sie stehen derzeit vor einem absoluten
Niemandsland, was den Prozeß besonders spannend macht. Gleichzeitig
muß man auch sehen, daß die Hetze der F und KRONE sowie NEWS
gegen den freien Netzzugang greift. Das sieht man bei den Server-Beschlagnahme
beim Provider VIP.
Die von der F-Parlamentarierin und Untersuchungsrichterin Helene Partik-Pablé
angeordnet wurde.
Richtig. Wenn's bei VIP vorher ein Urteil gibt, gibt's schon einen Präzedenzfall.
Zur weiteren Entwicklungen der Klagen gegen Black·Box und Tom
K. gibt's Infos unter mikee@blackbox.at oder unter 01/4060258-11.