hillingers EU-Tagebuch Juni

geführt von Eugenie Kain

Außenminister Schüssel hat Pläne. Bereits im Mai hat er sich zum NATO - Generalstab hingeschleimt, um die Herrschaften untertänigst darauf hinzuweisen, daß er in die NATO will. Weil aber das übrige Volk das noch immer nicht will, werden jetzt andere Saiten aufgezogen. Volksabstimmung, so Schüssel und Fasslabend, kommt nicht in Frage, weil das Volk überfordert wäre. Der NATO-Beitritt kostet eh nichts, sagt der Verteidigungsminister im "Falter", weil wir "ausschließlich mit Westgerät ausgerüstet sind." Ha, ha, ha. Damit das Vieh in die gewünschte Richtung läuft, muß man fuchtelnd, schreiend und knüppelschwingend von der unerwünschten ablenken. Die ÖVP stellt sich das mit dem NATO-Beitritt ähnlich vor. Heh, Hüh, Abmarsch ist, schon geht's dahin: Die NATO-Osterweiterung ist ein "window of opportunity" und wir sind Trittbrettfahrer auf dem NATO-Sicherheitszug und deshalb müssen wir durch das Fenster, die Uhr tickt schon, bevor der Zug abgefahren ist... Welcher?

Weil sich aber mit dem blöden Metapherngewäsch nicht jeder in die Koppel treiben läßt, gibt es auch noch die politisch correkte Propaganda für den NATO-Beitritt - Freund Fend würde sagen, der Gutmenschen - Seich. Das Zentralorgan dafür ist zur Zeit das Profil. Zuerst wird an Hand des Nazi-Goldes der Schweizer Österreichs Neutralität als das Verhinderungsinstrument der Vergangenheitsbewältigung hingestellt. Dann tauchen Akten über geheime Waffenverstecke des KGB auf, die im neutralen Österreich angelegt worden sind. Erste Grabungen in Salzburg brachten zwar nur eine illegale Mülldeponie zu Tage, aber es wird schon allerhand deponiert sein in Österreichs Boden. Fazit für das profil: So eine Neutralität ist ohnehin für den Hugo, weil sich keiner dran gehalten hat. Werch ein Illtum: Samma doch froh, daß wir neutral waren. Gut, die Amerikaner und Russen haben Waffendepots angelegt, und jetzt kommen verrostete Kalaschnikows und Amimunition ans Tageslicht. Aber die Deutschen waren nicht neutral, sondern in der NATO und im Warschauer Pakt und den Deutschen haben sie atomare Sprengköpfe hingestellt. Eine super Sicherheit war das!

Und damit die Naiven aller Medien über den Sommer was zu tun haben, hat ÖVP-Klubobmann Khol zum richtigen Zeitpunkt wieder eine Gedankenblase platzen lassen. Wenn wir in der NATO sind, brauchen wir eigentlich kein Bundesheer mehr. Da genügt ein Berufsheer. Also Abschaffung des Bundesheeres bei NATO-Beitritt, und da könnte man sich schon eine Volksabstimmung vorstellen. Wird da jemand mit nein stimmen, wenn das Bundesheer abgeschafft werden kann? Die Zeitungen und Magazine werden frohlocken. Es gibt dann mehr Arbeit für Zivildiener, die das Schneeschaufeln und die Hochwasserbekämpfung übernehmen, den Rest macht eine sogenannte Berufsarmee. Söldner tun sich auch leichter, gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen, etwa wenn die aus der NATO wieder raus will.

Die ganze NATO - Geschichte hat natürlich auch mit dem EURO zu tun, der ja dem Dollar gegenüber Stärke zeigen soll, aber zur Sicherheit sitzen wir dann im selben Militärbündnis und suchen uns einen bloßfüßigen Feind. In Österreich ist die EURO-Kampagne gerade angelaufen. Stufe 1 der Campain: Die (Des-)Information läuft vorwiegend über die Banken. Nächste Woche werde ich mir anhören, was meine Bank zum EURO zu sagen hat. Erzählen Sie mir einen Scheiß, werde ich die Bank wechseln, weil mir ihre Kosten für die Kontoführung ohnehin zu hoch sind. Die Schweden werden an der Währungsunion zum festgesetzten Beginn 1.1. 1999 nicht teilnehmen. Die Norweger haben ohnehin den EU - Beitritt abgelehnt, die Dänen haben sich das Recht ausbedungen, Nein zum EURO zu sagen und die Finnen brüten und schweigen und haben auch keine Freude mit dem neuen, in jedem Fall häßlichen Geld.

So zieht der Sommer ins Land. In Amsterdam haben sich die EU-Regierungschefs und ihre Finanzminister getroffen und nicht viel weitergebracht. Einen Stabilitätspakt haben sie beschlossen, der innerhalb der EU einige Länder reicher, andere noch ärmer machen wird. Unser Finanzminister hat den Reisenden außerdem untersagt, aus dem feindlichen Ausland mehr als 25 Zigaretten mitzunehmen. Für Österreich gelten die offenen Grenzen des Schengenlandes noch immer nicht. Zu unsicher, unsere Grenzen, obwohl schon wieder ein neuer Hubschrauber zum Kurdenabfangen im Einsatz ist. Was auch einmal gesagt werden muß: Der hillinger hat einen blöden Redaktionsschluß. In Amsterdam hat es eine ganze Menger interessanter Gegenveranstaltungen zum EU-Gipfel gegeben. Die Infos sind noch unterwegs.


Sommer 97

wir lesen hören schauen linz