Rund 300.000 Menschen, die in Österreich leben, haben keine
österreichische Staatbürgerschaft. Laut statistischer Erfassung
sind davon über 90 % ArbeiterInnen und Angestellte und deren Angehörige.
Sie sind somit ein nicht unbeträchtlicher Teil der österreichischen
Arbeitenden.
Weder vom Gesetzgeber noch von der Gewerkschaftsbewegung wird auf diesen
Umstand Rücksicht genommen. ImmigrantInnen
werden beim Bildungsweg, am Arbeitsmarkt, beim Wohnen und bei demokratischen
Rechten gegenüber österreichischen StaatsbürgerInnen benachteiligt.
Seit dem Beitritt zur Europäischen Union kommt es auch noch zu Diskriminierungen
zwischen Nicht- EU-BürgerInnen und EU-BürgerInnen.
Arbeitskräftemigration
Schon sehr früh wurde versucht, die Wanderungsströme der
Arbeitskräfte zu regulieren und kontrollieren. Die „Aufnahmeländer“
bestimmten dabei, wie sich die Gruppe der „GastarbeiterInnen“ zusammenzusetzen
hat und sie bestimmten, wie viele MigrantInnen einwandern dürfen.
Die Ausländergesetzgebung richtete sich dabei immer nach den Prämissen
Profit, Rentabilität und Verwertungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt.
Humanität spielt, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle.
In Zeiten
niedriger Arbeitslosenraten wird der Arbeitsmarkt der entwickelten Länder
mit ArbeitsmigrantInnen ergänzt. Steigt die Arbeitslosigkeit, dienen
die ArbeitsmigrantInnen für Lohndruck und Sozialabbau, und die KollegInnen
werden in die Sündenbockrolle gedrängt.
Sowohl die Unternehmerseite als auch die Gewerkschaftsvertreter sahen
die nichtösterreichischen Arbeitskräfte nicht als Einwanderer,
sondern als Gastarbeiter bzw. „längerfristige Saisonarbeiter“ an,
die je nach Bedarf des Arbeitsmarktes geholt und wieder heimgeschickt werden
konnten. Da MigrantInnen die Funktion einer Reservearmee am Arbeitsmarkt
haben, werden in Krisenzeiten die Ausländergesetze und -verordnungen
verschärft - wie gerade jetzt wieder - und so die Zahl der MigrantInnen
minimiert. Beschäftigungsquoten erschweren den Zugang zum Arbeitsmarkt.
Kein Arbeitsplatz heißt keine Aufenthaltsbewilligung und hat den
Abschub zur Folge. Die nichtösterreichischen Beschäftigten werden
somit leicht erpressbar. Der daraus enstehende Lohndruck fördert die
Ensolidarisierung zwischen in- und ausländischen Arbeitskräften.
Zusätzliche Profite durch Ausbeutung der Arbeitskraft sind gesichert,
wobei auch bei den MigrantInnen Frauen noch mehr diskriminiert werden als
Männer. Sie erreichen viel später das Einkommensniveau ihrer
ethnischen Gruppe als männliche Arbeitskräfte.
Dazu kommt, daß die eigenen geschaffenen Gesetze nicht eingehalten
werden, ja sogar als Druckmittel zur Schaffung illegaler Arbeitsverhältnisse
(Schwarzarbeit) gegenüber ImmigrantInnen benutzt werden. Während
Schwarzbeschäftigung auf der Unternehmerseite als „Kavaliersdelikt“
angesehen wird, haben SchwarzarbeiterInnen ihre sofortige Abschiebung zu
befürchten.
Die Quotierung forciert das Schlepperunwesen und die Schwarzarbeit. Diese
Auswirkungen der repressiven Gesetze schüren wiederum Rassismus und
Fremdenhaß in der Bevölkerung. Sozialabbau, steigende Arbeitslosigkeit
und Armut gepaart mit Wortspielen wie „das Boot ist voll“, „Asylmißbrauch“
und „250.000 Arbeitslose, 250.000 Ausländer“ haben den Boden für
Bedrohungsängste aufbereitet und vorhandene rassistische Tendenzen
in der Bevölkerung noch zusätzlich verstärkt. Je höher
die Arbeitslosigkeit steigt, desto restriktiver die Maßnahmen.
Gesetzliche Lage am Arbeitsmarkt für ImmigrantInnen
Integrationspaket als zusätzliche Diskriminierung
Im Ausländerbeschäftigungsgesetz wurden die Landes- und Bundeshöchstzahlen
vereinheitlicht. Beschäftigungsbewilligungen sollen nur mehr an AusländerInnen
erteilt werden, dei sich bereits - erlaubt - im Bundesgebiet aufhalten.
Ausnahme: „Schlüsselarbeitskräfte, betriebsentsandte (Rotations-)
Arbeitskräfte und Saisonniers“. Die Vermittlung von Ersatzarbeitskräften
wird auch bei Saisonarbeitskräften aus dem vorhandenen Arbeitskräftepotential
vorgenommen und der „Integrationsgrad“ nach Kriterien geprüft.
Die Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV) erlaubt
AusländerInnen, die länger als 8 Jahre in Österreich lebten
und bisher von der Arbeitsaufnahme ausgeschlossen waren, eine Beschäftigung
aufzunehmen (nur im Rahmen der Überziehungsquote dzt. 9 %). Für
die Betroffenen eine Erleichterung, aber Teil einer insgesamt restriktiveren
Zugangspraxis: damit kommen andere Formen des Arbeitsmarktzuganges über
die Zahlenbeschränkung zum Erliegen. Beschäftigungszeiten als
Künstler werdennicht mehr auf die Voraussetzung zur Erlaubis einer
Arbeitsbewilligung angerechnet.
Der Prüfungszeitraum für die Ausstellung einer Sicherheitsbescheinigung,
in der festgestellt wird, ob im Falle einer Arbeitsaufnahme überhaupt
ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wird von 12 auf 26 Wochen ausgedehnt.
Die Entscheidungsfrist über die Beschäftigungsbewilligungserteilung
wird von 4 auf 8 Wochen erhöht. Das AMS soll innerhalb der verlängerten
Frist Ersatzarbeitskräfte aus dem vorhandenen Potential rekrutieren.
Zugleich wird die vorläufige Berechtigung zur Beschäftigungsaufnahme,
die im Falle eines Fristversäumnisses des AMS zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung
eingeräumt wird, überhaupt entfallen.
Türkischen Staatsbürgern, denen das Recht auf Beschäftigung
bei einem bestimmten Arbeitgeber oder das Recht auf Freizügigkeit
am Arbeitsmarkt nur auf Basis eines Feststellungsbescheides zugestanden
wurde, wird dieses Recht mit einer „normalen“ Beschäftigungsbewilligung
oder durch den Befreiungsschein eingeräumt. Türkische Staatsangehörige
werden weiterhin auf die Höchstzahlen angerechnet.
In- und AusländerInnen werden in Hinsicht auf den Anspruch der Notstandshilfe
in Zukunft „gleichgestellt“. Durch die Verschärfung in der Aufenthaltspraxis
(ohne Aufenthalt kein Bezug von Versicherungsleistungen) und durch eine
Neudefinition der Anspruchsvoraussetzungen (in Österreich geboren
oder die halbe Lebenszeit bzw. bei unter 25jährigen die halbe Pflichtschulzeit
in Österreich oder 8 Beschäftigungsjahre in den letzten 10 Jahren)
wird die Gleichstellung enwertet.
Wohnsituation der ArbeitsmigrantInnen
Auch beim Wohnen werden MigrantInnen benachteiligt. Substandardwohnungen,
unsanierte Altbauwohnungen, bei denen oft die einzelnen Wohnräume
gesondert vermietet werden, und höhere Mieten als gegenüber BewohnerInnen
mit österreichischer StaatsbürgerInnenschaft sind keine Seltenheit.
Der Zugang zum kommunalen Wohnbau (Gemeindewohnungen) ist aufgrund der
Gemeindeverordnungen (nur an österreichische StaatsbürgerInnen
zu vergeben) in fast allen Gemeinden unmöglich.
Asylrecht
Weltweit befinden sich etwa 20 Millionen Menschen auf der Flucht in
fremde Staatsgebilde, wobei nicht die wenigstens doppelt so große
Anzahl von „Binnenflüchtlingen“ im eigenen Land eingerechnet ist.
Europa beherbergt etwa 15 % davon, die meisten davon aus Europa selbst.
Die größte Anzahl an Flüchtlingen finden dagegen in Afrika
und Asien ihr Aufnahmeland.
Potentielle größere Flüchtlingsbewegungen in Europa sind
nur anläßlich massiver kriegerischer Auseinandersetzungen (Beispiel:
Bosnienkrieg) oder Umweltkatastrophen zu erwarten.
Österreich war in der Vergangenheit Zielland wesentlich größerer
Fluchtbewegungen als heute:
Die gegenwärtigen Flüchtlingszahlen liegen bei wenigen Tausend im Jahr, die Anerkennungsquote hält sich weiterhin um 7 %. 1996 wurden in Österreich bloß 716 Menschen als Flüchtlinge anerkannt.
Gegenwärtige rechtliche Regelung
Österreich spielt bei der europäischen Asylpolitik eine unrühmliche
Vorreiterrolle. Österreich gilt als der „Erfinder“ der Drittländerklausel.
Diese besagt, daß alle Flüchtlinge, die über ein „sicheres
Drittland“ ins Land gekommen sind, an dieses wieder abgeschoben werden.
Als sichere Drittländer gelten alle Nachbarstaaten Österreichs.
Außerdem spielt Österreich eine Vorreiterrolle bei der militärischen
Flüchtlingsabwehr. Der „Assistenzeinsatz“ des österreichischen
Bundesheeres war zur Zeit seiner Installierung ein Novum in der staatlichen
Flüchtlingspolitik bzw. -regulierung. Zu diesem Zeitpunkt war militärische
Flüchtlingsabwehr nur in den USA bekannt. Österreich machte sie
„europareif“.
Gesetzesmäßig sind AsylwerberInnen vor allem durch drei Komplexe
des Fremdenrechtes betroffen.
Asylrecht
Dieses definiert, wer als AsylwerberIn gilt. Bürgerkriegsflüchtlinge
fallen mangels individueller Verfolgung nicht unter das Asylgesetz. Die
Drittlandsklausel schließt praktisch alle AsylwerberInnen von der
Bundesunterbringung aus, d. h. sie sind während ihres laufenden Verfahrens
auf sich selbst oder auf karitative Organisationen angewiesen.
AsylwerberInnen sind nicht zur unselbständigen Beschäftigung
im Bundesgebiet berechtigt, da die Sorge um eine zu hohe Integration nach
negativem Abschluß des Verfahrens herrscht. Die einzige „legale“
Beschäftigung stellt daher die „selbständige“ Arbeit als Zeitungs-
oder Werbemittelkolporteur dar.
Fremdenrecht
Das Fremdenrecht regelt die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes
von Fremden aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmung, die entsprechenden
Sanktionen (Ausweisung, Aufenthaltsverbot) und deren Exekution (Abschiebung).
Da das Asylrecht praktisch niemanden zum „vorläufigen“ Aufenthalt
im Bundesgebiet berechtigt, fallen fast alle AsylwerberInnen von Beginn
ihres Verfahrens unter das Fremdenrecht.
Da Bürgerkriegsflüchtlinge nicht unter das Asylgesetz fallen,
wurde die vorübergehende Aufenthaltsberechtigung der Bosnienflüchtlinge
durch eigene Bestimmungen im Fremdengesetz (FrG) geregelt. Auch bei Unmöglichkeit
oder Unzulässigkeit einer Abschiebung ist eine vorübergehende
Aufenthaltsberechtigung im FrG (§ 36, § 54) vorgesehen. Dieser
Status, eine „anerkannt Illegalität“, kann nach dem Aufenthaltsgesetz
(AufG) nicht in einen legalen übergeführt werden.
Aufenthaltsgesetz
Im Aufenthaltsgesetz wird die positive Aufenthaltsberechtigung (vormals
„Niederlassung“) über einen bestimmten Zeitraum geregelt. Voraussetzung
ist - neben der Vorlage diverser Dokumente (in deutscher Übrsetzung)
- der legale Aufenthalt im Bundesgebiet, „ortsübliche“ Wohnverhältnisse
und ausreichend Mittel für den Unterhalt.
Für die legale Einwanderung („Neuanträge“) existieren restriktive
Quoten, die nicht einmal für den Familiennachzug Raum lassen. Ein
restriktives Meldegesetz erlaubt im Prinzip nur die Anmeldung von legal
im Lande befindlichen Fremden, zugleich sanktioniert es die Unterkunftgabe
an nicht legal aufhältige, d. h. es verpflichtet zur Denunziation.
Eine polizeiliche Meldung von AsylwerberInnen stößt mangels
entsprechender Dokumente auf beträchtliche Schwierigkeiten.
Zusammenfassung der ab 01. 01. 1998 neuen Bestimmungen:
Ab 01. 01. 1998 treten die meisten der am 11. 06. 1997 beschlossenen
und am 14. 07. 1997 verlautbarten Bestimmungen in Kraft.
Auf die gesetzlichen Neuerungen für Fremde in Österreich wird aufgrund vieler Unklarheiten in der Formulierung der Gesetze in einer der nächsten Ausgaben ausführlich eingegangen.
Zusammenfassung der AG Immigrationspolitik, 13.5.1997, KPÖ