Um dieser Frage die Basis zu entziehen,
hat die SPÖ Oberösterreich einen ersten Schritt gesetzt.
Ende Juni präsentierte sie ein "kulturpolitisches Grundsatzpapier".
Im lauschigen Rauscher-Gastgarten lauschte Rainer Krispel, Sommer 95.
KULTURKAMPF REVISITED
Wir erinnern uns: seit einiger Zeit bemüht die F nach der Ausländer-"Frage" in OÖ (und sicher bald auch bundesweit) verstärkt die Kultur als Reizthema, um dumme Wahl-Schäfchen auf ihre Seite zu ziehen. Es gibt eine selbsternannte "Spürhündin der entarteten Kunst", Frau Rockenschaub, auch ein "Kunst kommt von Können" geht kulturbefaßten Vertretern des f-ischen Polit-Ungeists ganz ungeniert über die Lippen.
Reaktionen: Positionierung und Auseinandersetzung mit den Attacken der F im KUPF-Umfeld, im weiteren Sinne auch der MusikerInnenrat. Selbst Justitia wirft schon ein Auge: das F-Paranoia-Produkt "Das linke Netz in Oberösterreich" (siehe hillinger 000000, Seite 20), dummdreister Versuch alles und jeden mit den Ebergassing-"Terroristen" in Zusammenhang zu bringen, zieht seine Spur. Die Stadtwerkstatt Linz - dort fälschlich als KUPF-Filiale geführt - und die KUPF selbst klagten die F, letztere wegen Kreditschädigung. IG-Kultur Obmann Franz Primetshofer erwägt (oder führt schon) eine Privatklage. Die Sachen stehen gut. Links so.
SEARCH DEFIZIT & ...
Von SP-Seite herrschte lange betroffenes Schweigen oder - schlimmer noch - aktionsbereite Hilflosigkeit. Vom jetzt vorgestellten Grundsatzpapier verspricht man sich Abhilfe, wobei Landesparteiobmann und Lhstv Fritz Hochmair das bisherige Defizit unumwunden eingesteht. Man geht von einem Bekenntnis zum "Lebensmittel" Kultur aus und davon, daß der Umgang mit Kultur grundsätzliche Werthaltungen wiederspiegelt, "die man in tagespolitischen Hick-Hack leicht übersieht." Erarbeitet wurde die "Kulturpolitische Grundposition 1995" von einem parteiinternen Team (unter anderem die Herren Denkmaier und Janko vom Kulturamt und auch Karl Gerbl, der sich aber bald zurückzog) zu dem Klaus Wallinger als profunder Kenner der Materie hinzugezogen wurde. Wallinger, seit über 10 Jahren im Kino Ebensee tätig, der für diese Aufgabe seine KUPF-Obmannschaft zurücklegte, unterstreicht, daß das "Papier kein festgeschriebener Status Quo" ist. Von der Landespartei in dieser Form beschlossen, soll auf den darin formulierten Grundsätzen aufgebaut werden und dem neokonservativen Vorpreschen rechtzeitig fundiert entgegengehalten werden. Die dementsprechenden Bekenntnisse zu Minderheiten-Kultur - "es sind uns die wertvoll, die sie produzieren und die, die hingehen" (Hochmair), Arbeiterkultur (!!!) und die Absagen an "von oben verordnete Kultur" oder an die Un-Haltung durch Abdrehen des Geldhahns Zensur an unbequemen Initiativen zu üben (wie es die F gern mit dem Kanal spielen würde), lesen sich schön, fast zu schön. Die begleitenden Statements nähren die Hoffnung, daß es sich einmal um mehr als bloße Lippenbekenntnisse handelt. Das Quartett, das die Präsentation bestreitet, neben Hochmair und Wallinger noch Erna Aschauer (Zielgruppenreferat der SP) und Partei-Sekretär Buchinger, demonstriert deutlich das Bewußtsein, daß die auf drei Seiten zusammengefaßten Positionen noch einiges an Diskussion und Beiträgen von "der Basis" brauchen. Erst dann kann das Papier ein lebendiges und taugliches Rüstzeug für die Mandatare und Gemeinderäte darstellen und womöglich ein bundespolitisches Signal setzen. Gespannt dürfen wir unter anderem sein, was eine solche Diskussion dazu zu sagen hat, daß sich zwar gegen "Ein-Sich-Rechnen-Müssen" ausgesprochen wird, die gute alte Umwegrentabilität aber über das Hintertürl kommt, daß die Existenz "kultureller Infrastrukturen" wirtschaftliche Standortentscheidungen mehr und mehr beeinflußt. Unwidersprüchlicher schon die Offenheit, daß partei das Position-Beziehen für die freie Szene nicht um der guten Sache willen alleine macht: "(...) daß gerade die Sozialdemokratie in diesem gesellschaftlichen Spektrum potentielle Ansprechpartner für ihre Politik hat.
PAPIER IST UNGEDULDIG
Es mag einen - je nach politischem Glaubensbekenntnis - kalt lassen oder nicht, daß die SP einen Anlauf nimmt, "Flagge zu zeigen" oder einen "(kultur)politischen Pflock einzuschlagen". Wobei solch markige Sprüche am 6. Juli mit einer Veranstaltung in der Voest (Arbeitswelt!) erste Wirklichkeit werden sollen. Dabei wird nicht nur diskutiert, sondern auch "Blitzlichter auf die oö. Kulturlandschaft" geworfen, von CONTAINED bis zur Glöcklerpasse Alt-Ebensee. In weiterer Folge soll die "Kompetenz in kulturellen Fragen" durch einen noch zu findenden Kulturbeauftragten wahrgenommen werden.
Brisant - hoffentlich! - jenseits der eigenen Position zur SP, wenn Klaus Wallinger vom "notwendigen Schulterschluß der Demokraten" spricht. Die "Bedrohung" F macht nichts an kultur- und gesellschaftspolitischen Versäumnissen und Fehleinschätzungen der Sozialdemokraten ungeschehen, aber was die F bisher an Kulturkrampf geliefert hat (und abzusehenderweise noch liefern wird) ist so schlimm, daß ich es nur begrüßen kann, wenn die SPÖ OÖ - um bei markigen Sätzen zu bleiben - auf diesem Feld einen Hammer zur Hand nimmt. Ob und wie sie damit Pflöcke einschlägt wird sich (bald!) zeigen.
"Die kulturpolitische Grundposition 1995" kann bei der SPÖ OÖ (Landstraße 36, 4020 Linz)
angefordert werden.