Drehtage im Moviemento

Ein Lokalaugenschein von Eugenie Kain
Die grellen, heißen Scheinwerfer machen den Filmvorführraum noch kleiner und enger. Die Filmvorführerin müht sich mit der Filmrolle ab, der Filmvorführer hilft ihr. Klappe fällt. Nein. Es gibt keine Klappe. "Stop" sagt Regisseurin "und jetzt der Projektor". Die Kamerafrau stellt sich auf die neue Position ein, die anderen steigen um.
Der Titel des Films "Aus dem Innenleben eines Kinos" ist vorerst nur provisorisch. Aber sonst ist ziemlich alles alles fix. Das low-budget, die Anzahl der Drehtage, der Termin im Schnittstudio. Ein Dokumentarfilm soll es werden, der die Arbeit der Menschen im Kino erklärt. Nein, es wird kein Werbefilm fürs Moviemento. Wird es eine Hommage an die FilmvorfüherInnen?

"Aus dem Innenleben eines Kinos" ist Edith Staubers zweites Projekt. Ihr erster Film "Omas Stimme" wird während des Heimatfilm - Festivals der Localbühne in Freistadt gezeigt, danach im Moviemento. "Omas Stimme" ist ein "fiktiver" Dokumentarfilm. Ein Mädchen hört die Stimme der verstorbenen Großmutter und spricht mit ihr. Alle anderen hören nichts. Und jeder macht sich seinen eigenen Reim darauf. Die Mutter, der Vater, der Pfarrer, der Doktor, die Kinderpsychologin, die Nachbarn. Ein Reporterteam ist zur Stelle. Mit Hilfe modernster Technik kann die Stimme der Großmutter aufgnommen und entschlüsselt werden. Die tote Großmutter unterhält sich mit der Enkelin über Löcher in der Strumpfhose. "Des is ma nimmer egal".
Voreilige könnten meinen, da sei wieder jemand auf den Esoterik-Zug aufgesprungen. Weit gefehlt. Die Geschichte ist erfunden, das Thema vorgegeben: "Unheimliche Dinge" lautet der Übertitel einer von Prof. Janusz Kontratiuk angeregten Projektreihe für die Meisterklasse der visuellen Mediengestalltung an der Kunsthochschule. "Omas Stimme" ist der erste Film dieser Reihe, insgesamt sieben bis acht sollen es werden. Finanziert wurde das Projekt vom Verein zur Förderung der Kunsthochschule. Stadt und Land hielten sich zurück , warteten zuerst einmal ab. Erst als der 30-Minuten Film mit einem Budget von 50 000 Schilling fertig war, entschlossen sie sich, die anderen Projekte dieser Reihe zu sponsern.
Gedreht wurde in Waxenberg. Mehr als 8 Drehtage ließ der finanzielle Rahmen nicht zu. Der Reiz des Films liegt nicht nur am dramaturgischen Aufbau, an der gewitzten Improvisation und an der Tatsache, daß da auf der Leinwand viele Bekannte zu sehen sind. Eine der Stärken des Films ist die Einbeziehung der Waxenberger Bevölkerung. Der Tankwart glaubt überhaupt nicht an Stimmen aus dem Jenseits, aber beim einen ist die Uhr stehengeblieben und das Kreuz heruntergefallen beim Tod der Schwiegermutter, die andere läßt Messen lesen und zündet Kerzen an, wenn Verstorbene im Traum erscheinen.

Schnitt. Auch der zweite Film ist eine low-budget-production. Die Gesamtkosten betragen rund 65 000 Schilling, damit der Film zustande kommen kann, hat Edith Stauber Eigenmittel hineingesteckt. Das Moviemento sponsert den Film mit 15 000 Schilling. "Heuer feiern wir fünf Jahre Moviemento und verzichten dabei auf ein Riesenfest. Ich glaube, es ist besser, die Produktion eines Linzer Films zu unterstützen", erklärt Moviemento-Chef Wolfgang Steininger. Edith Stauber ist im Moviemento daheim. Sie arbeitet nebenbei als Filmvorführerin. Auch die meisten anderen FilmvorführerInnen haben einen Zweit-Job. Sonst die meiste Zeit im finsteren engen Kammerl, stehen sie jetzt als Hauptdarsteller im Scheinwerferlicht. Bei den Drehtagen in Waxenberg ist das Produktionsteam zusammengewachsen. Auch beim zweiten Film sind Kamerafrau Chris Althaler und Produktionsleiter Erich Klinger mit von der Partie. Die Drehzeit insgsamt: Eine gute Woche. Am Ende gab es 8 Stunden Filmmaterial, das auf eine Dreiviertelsunde geschnitten werden muß.

hillinger schaute einen Tag lang bei den Dreharbeiten zu, zwängte sich auch ins Filmvorführkammerl und ins Büro, erfuhr, daß Kartenverkaufen zur Arbeit der Filmvorführer gehört, daß die alten Filme aus Zelluloid zwar extrem feuergefährlich waren und leichtergerissen sind. Im Gegensatz zu den neuen Polyesterfilmen kann man sie aber leicht kleben. Ein Polyesterfilm brennt nicht so leicht, er reißt nicht, aber wenn es an der Maschine was hat, verzieht er sich und ist somit unbrauchbar. hillinger sah die Xenon-Lampe im Lampenhaus des Projektors, erfuhr, daß ein Filmvorführer das Ohm'sche Gesetz kennen muß und daß am Pissoir eines Kinos 1,50 m hoch ausgekachelt sein muß. hillinger lernte die FilmvorführerInnen Gerti, Ronni und Till kennen und Jarmila, das Baby von Kamerafrau Chris Althaler. hillinger war dabei, als Thomas Prellinger die DAT-Kassette mit der Filmmusik brachte und mußte schließlich selbst vor die Kamera. Erich Klinger fragte, was ihn interessierte und so auf die Schnelle fallen einem gar nicht soviele Lieblingsfilme und RegisseurInnen, gar von Dokumentarfilmen, ein. Ja, im nachhinein ist es leicht: Ruth Beckermann, Margarethe Heinrich, Eva Brenner oder die Amerikanerin Barbara Kopple, deren Film "American Dream" über streikende Fleischverpacker aus Minnesota im Juni im Wiener Filmhaus Stöbergasse zu sehen war. Kamerafrau hätte ich gar keine gewußt. Eine kenn ich jetzt und einer Regisseurin hab ich bei der Arbeit zugesehen. Wenn alles klappt, wird der Film zur Dokumenta geschickt.

"Omas Stimme"

Buch, Regie, Schnitt: Edith Stauber
Kamera: Chris Althaler
Kameraassistenz: Ewald Elmecker
Licht, Kostüme: Eva Imervoll
Ton: Andreas Groisböck
Musik: Hans Falkner.

Der Film ist während des "Heimatfilm-Festivals" der Lokalbühne Freistadt vom 30. August bis 3. September zu sehen.