ALLE TANZEN ALLES

von Willi Erdmann , Jan.95

Die Grundlage der Erziehung ist die Abrichtung

Unverbesserliche glauben natürlich, es sei die Liebe. So auch jene Gay/Lesbian subculture - selfmade in Black/Hispanjo USA - die unter relativem Verzicht auf Öffentlichkeit in finstere, mit Anregungsmittel verseuchte Keller abtauchte und eine eigene Lebenswelt + Humor (abhörsichere Spezialsprachlichkeit) erfand.

Vergessen wir nicht darauf.Eine der feinsten Ausformungen: eine Mischung aus Italo-Disco-Salsa-Soul-Eurobeats; gemixt von jenen Herrschaften, die schon immer "gratis" auf die Party wollten: DJ`s

Die Sache zog immer mehr nightpeople an und ist heute - im Gegensatz zu früherer Anonymität - big name dropping und business.

Auch Linz hat nachgezogen, wie unschwer an der Entstehung diverser Spezialgeschäfte zu ersehen ist. Momentan definiert Kaufkraft den Markt und nicht Haltung. Es fand ein relativ schneller sozialer Aufstieg der Technofangemeinde statt, was zur Folge hatte, das mit importierter illegitimer Kultur legitim Geld verdient wird, aber keine Diskussion über den gemeinsamen sozialen Sinn des Ganzen stattfand. Die Unzufriedenheit von Leuten, die beim Ausgehen "Ihre" Musik hören wollten, hat einige Fans motiviert, Ihrem Geschmack Geltung zu verschaffen und Orte zu besetzen.

"Nichts tun" als Widerstand ist out. Jeder will heute Manager sein und jeder Bürger träumt davon mit "seinen" Interessen / Steckenpferden Geld zu verdienen. Für Linz gilt: Techno rules via Institutionalisierung, wie anderswo Dope-Beats auf der Straße, oder der freundliche Vibe von House im Radio usw. Das Bedürfnis nach körperlicher Sensation ist groß und die Identität vieler Personen wird bervorzugt im Peak Experience (Abheben der Schädeldecke?) hergestellt. Der schöne selbstanästesierte Körper tanzt - "Es" raved.

"Das hört sich doch alles gleich an", meinen Uneingeweihte und haben sich damit selbst geoutet.

Für unfreiwillige Komik sorgen auch gepflegte Alkoholiker, wenn sie auf der Tanzfläche werben, abblitzen und dann behaupten sie interessiere das Alles ohnehin nicht mehr. In Wirklichkeit kennen sie den Code nicht und sind bereits objektiv ausgeschlossen. Von älteren Clubbern wird oft der Vorwurf laut: Zuviel Geldgier und Hirnlosigkeit dominiere heute die Szene.

Die "coolness" der Kids wird sehr ambivalent erlebt - diese aber schweigen und lassen an ihrer Stelle die Sachen sprechen, oft bis zur liebenswerten Peinlichkeit: overstyled bis zur Socke und ganz und gar nicht "true to the game and understated".

Aufgenötigte Bedürfnisse und sogenannte permanente Weiterbildung lösen Zwang und Fabrik im alten Sinn ab und zwingen so zu optimierter Zeitnutzung + Selbstkontrolle.

Tanzgroßveranstalter müssen mithalten können, mittels perfekten akustischen & optischen Inszenierungen schaffen sie "Erlebenswelten", die Gefühlsleben und Wahrnehmungsverhalten nachhaltig prägen.

Anregungsmittelgebrauch schöpft das Gebotene bis zum letzten aus (Vorsicht! Erschöpfungsgefahr).

Ameisen verständigen sich auf chemischem Weg. Danuberaves geben mir die Hoffnung, daß die Menschen diese fortschrittliche Kommunikation übertreffen könnten.

Die Latte für den Kleinveranstalter liegt in Linz hoch und risikoreich, kein gutes Klima für Home-DJ`s, die sich hochspielen wollen. Fragt Euch, wer-wo-was-warum veranstaltet. Es erspart euch Abzockerpartien und so kann aus dem Vibe doch noch ein Tribe entstehen, pflegen wir die Pflänzchen, aber nicht jedes "Früchtchen", autonome Fans wählen ihre Abhängigkeit selbst, und davon gibt es mittlerweile auch in Linz genug.

Cut up, Fold in: Sehr hip Jungle und angeblich After Hours, Taschengeld muß wohl auch bei Qualitätsnamen ins Danuberave investiert werden, Multi-Kulti im Smaragd, Massenandrang in der Blauzone (soll das Acid sein?), Full Moon in Schwertberg-Kanal, Staugefahr im Strom von Mittwoch bis Sonntag, diverse bekannte Gesichter produzieren angeblich eifrig - also nette Menschen bleibt nicht bei Euren Katzen.