Zeit und GenossInnen

Matti Link , Feb. 95


Daß die FP die Kultur als politisches Agitationsfeld entdeckt hat, auf dem man die Zustimmung der Bevölkerung quer durch sämtliche Parteien gewinnen kann, ist längst schon bekannt. Denn viele Menschen haben Schwierigkeiten, einen Zugang zu zeitgenössischer Kunst und Kultur zu finden, - ein Umstand, der sicherlich nicht zuletzt einer elitären Abgehobenheit sogenannter hochkultureller Zusammenhänge geschuldet ist. Daher ist dieser Bereich gesellschaftlichen Lebens prädestiniert für Polemiken, vordergründigen Diskussionen auf unterstem Stammtischniveau bis hin zu übelsten Denuntiationen und Verleumdungen von Künstlern und Kulturvermittlern.

Es geht dabei längst nicht mehr nur um die Aufbereitung des Terrains für die Politik der FP, ein ganzer Sektor künstlerischen und kulturellen Schaffens soll liquidiert werden. Es geht darum, sämtliche aufklärerischen, kritischen und provokanten Regungen auszulöschen, um einen völkischen, reaktionären Kulturbegriff durchzusetzen. Dabei geht die FP längst schon systematisch und mit großer Akribie vor; gewisse "Reflexzonen" wie dies Peter Klimitsch in einer Studie über kulturfeindliche Tendenzen beschrieben hatte, werden ständig aufs Neue angesprochen und in den verschiedensten Gremien thematisiert. Bei diesen Reflexzonen handelt es sich um mißliebige Kulturinitiativen und Künstlergruppen, die in ganz spezielle Schubladen eingeordnet werden können. Eine dieser Schubladen ist beispielsweise die Blasphemie.

Gerade in jüngster Zeit ist wiederum eine Publikation erschienen, die voll und ganz in diese kulturpolitische Strategie der FP paßt. Autorin des Pamphlets mit dem sprachlich holprigen und inhaltlich dummen Titel "Kultur- und Politik Furz" ist die selbsternannte Schärdinger FP-Kultursprecherin Christl Rockenschaub. Rockenschaub, laut Selbstcharakteristik "Spürhündin der entarteten Kunst" hat darin Materialien zusammentragen, die laut ihrer Spürnase "geistige Umweltverschmutzung" aus dem Kulturbereich seien. Diesem "Kultur- und Politik Furz" der Rockenschaub ging schon 1992 ein ähnliches Machwerk voraus (in der Schärdinger FP-Bezirkszeitung "Schau Trau Blau") in dem Rockenschaub einen umfassenden politischen und kulturellen Offenbarungseid ablegte:

"Als Hilflosenzuschuß auf Kosten der Steuerzahler wird eine Kunstsparte gefördert (Kunst?): Pornographie, Obszönität und Gotteslästerung (die Kirche schweigt - fast - immer), werden in gezielter Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt. Drittklassiges, niveauloses Kabarett, ebensolche musikalischen Darbietungen und demagogische Druckwerke dienen als Plattformen für die Hetze gegen die Wertvorstellungen von Jörg Haider und der FPÖ. Die Begriffe Heimat, Familie und Volkskultur werden lächerlich gemacht, das Dirndl, wie das Volkslied auch."

Sie umreißt damit schon den Inhalt ihres weiteren Opus Scandaleuse, dem man eigentlich keine Beachtung zollen sollte, würde es nicht an zahlreiche FP-Gemeinderäte und Funktionäre in Oberösterreich verschickt worden. In manchen Gemeindestuben wurde bereits mit diesem Pamphlet argumentiert und gearbeitet - die Dumm- und Dreistheit multipliziert. Was diese "Spürhündin" aus den Zusammenhang gerissen, vereinfacht und verfälscht und einfach zusammengelogen in ihrem "Furz" verbreitet, ist Fanatismus der übelsten Sorte, der dem des Porno-Humer um nichts nachsteht. Eigentlich sollte dieses Pamphlet und vor allem dessen Verfasserin in psychopathologischem Zusammenhang abgehandelt werden, würde nicht wirklich Politik gemacht damit.

Da werden im Kapitel "Bereich des terroristischen Umfelds" Kulturinitiativen angeschwärzt, weil dort die Alternativzeitung "Tatblatt" verbreitet wird. Da werden im Kapitel "Grammatik und Rechtschreibung" beispielsweise Kabarettstücktitel wie "Ein Fremdgehen für Du und Ich" als Grammatik-Fehler angeprangert. Da wird der Kabarettist Josef Hader als Teil der "extremistischen Hausbesetzerszene" bezeichnet, da werden Bandnamen wie "Psychiotic Waltz", "Dharma Bums Insane", "Sarcastic Murder" oder "Need a New Drug" als Beispiele für die kriminelle Potenz dieser Szene vorgeführt. Und es wird vorgerechnet, wieviel öffentliche Förderungen die Initiativen erhalten, die dererlei "Ungeheuerlichkeiten" veranstalten.

Denn, "Wenn im Verhältnis der Anteil der Förderung für diese `geistige Umweltverschmutzung` zu jener der Hochkultur gering erscheint, auch jeder Krankheitserreger ist nur mikroskopisch erkennbar, etwaige Folgen sind allgemein bekannt" so Frau Rockenschaub im Klartext. Die Alternativkultur als Krankheit, deren Vermittler als Erreger, die es zu beseitigen gilt. Wenn dann Rockenschaub wichtige Exponenten der freien Szene mit Bild und Biographie "ausstellt" so ist das geradezu eine unverhohlene Drohung. Denn daß dieses üble Pamphlet allein zur Argumentationsunterstützung in den Gemeinderäten dienen soll, glauben nicht einmal die Wohlmeinendsten.

Wenn Rockenschaub meint, "Wer die Freiheit der Kunst beansprucht, muß die Freiheit der Kritik ertragen", so ist das schlicht eine Lüge. Wenn sie in diesem Katalog "Blasphemie, Pornographie, Lärm, Obszönität, Terrorismus" verfolgt so meint sie "entartete Kunst", und meint auch, mit ihr so umgehen zu müssen, wie damals, als dieser Begriff noch kulturpolitische Staatsdoktrin war.