also wegen dem fragen, wenn die attwenger wieder von irgendwo zurückkommen, wo sie gespielt haben: und was haben die leute dort zu eurer musik gesagt usw, dann ist es irgendwie das naheliegendste, einfach konkret die meinung von 1 paar leuten zu zeigen, also in dem fall [sibirien] larisa alekseenko [ in der zeitschrift nowaja sibir, larisa hat auch die 2 konzerte in nowosibirsk organisiert] und a. dimitriew [kurs], die beide 1 artikel über attwenger geschrieben haben. durch die umwege des übersetzens etc, dh englisch nach russisch und wieder retour & verständnis & das ganze sind 1 paar sachen zwar etwas anders zurückgekommen, wie sie gemeint waren, aber ok. die sibirien-reise war zwischen 25. aug und 9. sept 95. bei der ankunft in nowosibirsk wurde uns mitgeteilt, dass unser manager 3 tage zuvor bei 1 autounfall gestorben war. es nahmen sich dann andere leute um die attwenger an und es kam zu 4 konzerten. das erste war im club 38, dem techno/hip-hop-club von nowosibirsk, wo wir nach der performance eines schamanen erstmals in unserem leben mit quetschn und 2 congas aufgetreten sind, weil es kein schlagzeug gab. klang gut. das nächste konzert, auch in nowosibirsk, fand im kobra, einem grossen, alten theater statt, im saal der revolution, der wirklich sehr schön ist. vor uns spielten 4 nowosibirskische hardrock-bands. nach 1 woche turbulenterer zeiten verliessen wir nowosibirsk und gelangten mit 1 bus ins 260 km entfernte barnaul. dort hatte jewgeni kolbaschew 1 konzert mit 4 weiteren sibirischen bands organisiert, von denen sich die erste nach ihrem auftritt auflöste und 2 mitglieder der anderen [punk-band aus nowosibirsk] nackt anreisen mussten, weil sie beide auf der fahrt nach barnaul bei 1 picknick unabsichtlicherweise in 1 see gefallen waren und keine trockenen klamotten mithatten. 1 sehr gelungenes konzert. das 4. konzert war in gorni altai, wohin uns dima, der sibirian pilot, optimal in seinem jeep über die strassen sibiriens chauffierte. vor uns trat auf wassilij, der auf 1 tepschur [gitarrentrommelinstrument] und 1 maultrommel spielte und den in den altai-bergen [next to mongolia] gebräuchlichen kehlengesang sang. auch dieses konzert war sehr ok. die attwenger-konzerte waren mehr oder weniger auslöser für 1 menge von hochinteressanten und intensiven dingen, die wir in sibirien erlebt haben, 1 wunderbare gegend und wunderbare leute und sehr faszinierend das ganze. hinfahren.
markus binder für attwenger
Wie kam es, dass Eure Gruppe, die für das russische Publikum sehr ungewohnte Musik spielt, nach Sibirien kam?
Es halfen der Zufall und natürlich unser grosser Wunsch, die Weiten Russlands kennenzulernen. Es war für uns sehr interessant, mit Sibirern Bekanntschaft zu machen, zu erfahren, wie sie leben, worüber sie sprechen und welche Musik sie hören.
Und wie sind Eure Eindrücke?
Im Westen halten viele die Bewohner Sibiriens für rauhe und verschlossene Menschen. Aber es ist ganz umgekehrt. Wir trafen sehr gesellige und aufgeschlossene Menschen. Sehr interessant in diesem Sinne war Akademgorodok (eine Stadt mit 30000 Einwohnern, nur Forscher und Wissenschaftler). Es ist einfach gut, sich sozusagen in einem intellektuellen Spannungsfeld aufzuhalten.
Die deutsche Musik ist in Russland fast gar nicht bekannt. Und das, was den Hörer erreicht, ist reine Popmusik. Gibt es überhaupt unter den Gruppen, die ihre Lieder in deutsch singen, interessante?
Aber natürlich, sehr viele. Die interessanteste Musikrichtung, und auch die mit der grössten Perspektive, ist "Techno". Dabei aber nicht "Techno", wie es üblicherweise auf der ganzen Welt und auch in Russland verstanden wird. Wir verstehen unter "Techno" nicht Tanzmusik, sondern eine avantgardistische, experimentelle Strömung. In Deutschland und auch in Österreich gibt es viele Musiker, die solchen "Techno" machen. Dabei verwenden sie die modernste Elektronik, mit deren Hilfe völlig ungewöhnliche Klänge erzeugt werden können.
Und der Grund, warum diese Musik in Russland nicht bekannt ist, ist einfach, dass sie nicht kommerziell orientiert ist.
Und woher haben diese Musiker Geld, um Platten aufzunehmen, Instrumente zu kaufen, auf Tournee zu gehen, und schliesslich, um zu überleben?
In allen Ländern lebt die Avantgarde ausschliesslich von ihrem eigenen Geld. Das ist sehr schwer, wir wissen das aus eigener Erfahrung. Aber dieser Umstand hat auch einen grossen Vorteil - die künstlerische Freiheit. Es ist traurig, nur der "nicht fertige" und in der Regel arme Musiker kann spielen, was er selbst möchte. Sobald er einen Vertrag mit einem Produzenten unterschreibt, ist er - ob er will oder nicht - abhängig.
Aber, unabhängig von allem übrigen - spielt bei der Entwicklung jeder Gruppe das Glück eine wichtige Rolle. Wir hatten Glück, wir sind bekannt in Österreich und Deutschland, auf uns wurden Leute aus dem Show Business aufmerksam. Die Frage ist nur, wieviel wir ihnen verkaufen wollen.
Das Interview führte: A. Dmitriev