I HAS' KOLARITSCH,

du hast Kolaritsch- warum sag'ns Tschusch zu dir?

Über Menschen, die aus einer Suppe stammen und um die Fettaugen streiten.

Die paar saftigen, ergiebigen Kontinente, die auf unsrerem durchwegs blauen Planeten vorsichhindriften, sind der Ursprung allen Übels: denn Gott hat sie nicht in Parzellen geteilt.
Selbst wenn sie es wären, so hätten sie sicherlich noch immer tausende Unterschiede, die es wert wären, darum zu streiten. Auch wenn all die landschaftlichen Gegebenheiten gleich wären, fände man andere Gründe, um sich gegenseitig von der Kante zu schubsen: Hautfarben, Religionen, Abstammungen, Geschlechter oder Gesinnungen. Jeder beansprucht und verteidigt 'seinen Raum`.
Doch wieviel Raum benötigt der Mensch? Nur soviel, wie sein Körpervolumen einnimmt, soweit, wie er seine Arme strecken kann, bis zum Rande seines Geistes, oder bis zum Rande seiner Kraft? Und welche Konsequenzen bringt es mit sich, wenn zwei Menschen, noch dazu von verfeindeten Parteien, beschließen, solch einen Raum zu teilen? Klarerweise Haß und Chaos. Das hat uns schon Altlehrmeister Shakespeare mit seiner Liebschaft Romeo & Julia verdeutlicht. Aber auch moderne Tragödien, die sich nicht nur zwischen Serben und Kroaten abspielen, zeigen uns deutlich:"Äpfel und Birnen wachsen nicht auf einem Baum, obwohl beides Obst ist."

Der Urvater des Völkerhasses stammt aus dem Schoß der Juden und Araber.
Und genau von dort greift sich Tom Robbins zwei seiner Protagonisten für 'Salomes siebter Schleier` heraus. Das Isaac & Ishmael`s ist ein Restaurant, das mit seinem Standort- gegenüber dem New Yorker UNO- Gebäude nicht nur eine Menge Schaulustige, sondern auch einige Bombendrohungen anzieht. Doch dieser Raum, den sich die Beiden miteinander teilen, beherbergt eine unerklärliche Magie, verstrahlt von der Bauchtänzerin Salome. Sie streift im Tanz mit ihren Schleiern die Themen, die die Welt regieren und bewegen: Sexualität, Religion, Beherrschung der Natur, der Tod,
Kontrastreiche Figuren wandeln wie Yin & Yang durch die Geschichte: eine hochbegabte Malerin mit ihrem kunstunverständigen Mann; Turnaround Norman, der sich als menschliche Straßenattraktion unmerklich langsam im Kreis dreht und ein Reverend, der der Raserei nahekommt; Spoon, der alte Silberlöffel, Can o` Beans, die verbeulte Dose und Dirty Sock, machen sich gemeinsam auf den beschwerlichen Weg, um Painted Stick, ein ägyptisches Relikt nach Jerusalem zu bringen. Dies würde zur Errettung der Menschheit beitragen...

Bilder der skurrilsten Art, aus den Sternen gegriffen und doch so realistisch, drängen sich in dieser Geschichte. Robbins kennt für ein Wort tausend Abstraktionen, Improvisationen, tausend Umschreibungen und Darstellungen.
Er zeichnet: Menschen, nicht wie du und ich. Weil du und ich uns schon so sehr unterscheiden, daß Meinungsverschiedenheiten und Konflikte niemals ausblieben.
Nehme man, nur als Beispiel, die Gewohnheit des Kaffeetrinkens her. So mancher trinkt ihn pur, schwarz und ohne Versüßung. Einige lieben ihn sahnig und mild. Der eine mag ihn heiß und verbrennt sich hin und wieder die Zunge. Der andere ist vorsichtig und wartet oft so lange, bis er lau und fade schmeckt. Und dann gibt es da auch noch die Kaffeeverächter. Dieser aufputschende Sud erinnert mich manchmal an das Leben schlechthin: jeder behandelt es auf seine Art, es ist 'jedem sein Kaffee`.

Tom Robbins: 'Salomes siebter Schleier`,
Rowohlt Verlag, 1992