PANENKA

PANENKA sind wahrscheinlich momentan eine der interresantesten Bands des österreichischen Undergrounds, allerdings nicht unbedingt aufgrund ihres musikalischen Schaffens (um Mißverständnissen vorzubeugen, mir gefällt auch ihre Musik sehr gut), sondern wegen der Idee, die hinter dem Gesamtwerk PANENKA steckt.
Ganz im Stile des britischen sozialistischen Popbewegung RED WEDGE, werden klar Positionen der ArbeiterInnenbewegung bezogen, und versucht diese Ideen dem eigenen Klientel 1 näherzubringen. Wobei bei den Wienern das Thema "Arbeit" an sich und nicht so sehr direkte (parteipolitische) Stellungnahme, im Vordergrund steht. Ein weiterer Unterschied zu britischen Acts wie BILLY BRAGG, MC CARTHY oder den REDSKINS (die übrigens von PANENKA gecovert werden), aus dem sich auch die oben genannte Differenz erklären lässt, ist die politische Situation der jeweiligen "Heimat"staaten aus der heraus agiert wird.
In Großbritannien erlangte RED WEDGE in der Zeit des großen Bergarbeiter(Innen?)streiks ihre größte Bedeutung, wobei hier die Bedingungen für die Verarbeitung politischer Statements in Popsongs besonders gut waren: Es gab das klare Feindbild der konservativen, wirtschaftspolitisch manchesterliberal 2 agierenden, Premiermininsterin Margret Thatcher, sowie auf der anderen Seite die, eindeutig auf der Seite des Proletariats stehende, Labour Party. Ende der achtziger, anfang der neunziger Jahre begannen, innerhalb Labours, Kräfte zu wirken, die der Partei den Weg in die politische Mitte aufzwingen wollten 3. Diese Entpolarisierung der britischen Tagespolitik nahm auch der RED WEDGE-Bewegung viel von ihrer Bedeutung. Gut und Böse kann eben in 3 Minuten Popsongs leichter verarbeitet werden als differenzierte Auseinandersetzungen mit verschiedenen politischen Gegnern.
In Österreich ist, durch die ununterbrochene sozialdemokratische Regierungspräsenz seit `70, die politische Situation, aus Sicht einer arbeiterbewegten Opposition, zumindest so verschwommen, daß sich auch hier der sozialistische Popsong nicht als wirklich geeignetes politisches Instrument erwiesen hat 4. Abgesehen von den SCHMETTERLINGEN oder SIGI MARON haben auch wenige linke österreichische MusikerInnen versucht diesen Weg zu gehen. Genau hier setzten PANENKA an, indem sie ein Publikum, für das sozialistisches Gedankengut, welches von einer Popband verbreitet wird, eher ungewöhnlich ist, überhaupt einmal mit Ideen der Arbeiterbewegung konfrontieren. Von PANENKA ist bisher die EP "PROPAGANDA" auf BREFKAS READY RECORDS 5 erschienen.

1 In den achtziger Jahren wurde diesen Bands oft vorgeworfen nur zu sowieso schon "bekehrten" Menschen zu sprechen. Meiner Ansicht nach hat sich dieser Vorwurf als falsch erwiesen, da ein großer Teil des Underground/Independent-Publikums eigentlich hauptsächlich an Musik an sich interessiert ist, politische Zusammenhänge allerdings nicht sieht bzw. nicht daran interessiert ist. Mit politischen Zusammenhängen meine ich die Herangehensweise an Musik, die sich bei Independentlabels von Majors eigentlich unterscheiden sollte. Ein weiteres Zeichen dafür, daß mehr politisches Engament von Indie-Bands sicherlich nicht fehl am Platz gewesen wäre, ist auch die völlige Kommerzialisierung der britischen "Indie"-Szene (Oasis etc.), gegen die meines Wissens leider kaum Widerstand geleistet wird.
2 Für alle die es nicht wissen: der Begriff "Manchesterliberalismus" geht auf die Ideen des Wirtschaftstheorethiker Adam Smith zurück, und meint von jeglicher staatlicher Kontrolle unabhängige, freie Marktwirtschaft. Die Verwirklichung dieser Ideen im 19 Jhd. führte zur völligen Verarmung großer Teile der Bevölkerung von Manchester.
3 Die Labour Party galt als am weitesten links stehende sozialdemokratische Partei Westeuropas. Aufgrund des Sieges der Kräfte der Mitte erstarkten kleine ausserparlamentarische Parteien und Gruppen, wie die kommunistische "Socialist Workers Party" oder der anarchistische "Classwar", die heute hauptsächlich innerhalb der großen britischen Antifa-Bewegung "AntiNaziLeague" tätig sind.
4 So wie sich bis jetzt eigentlich auch kaum ein anderes politisches Instrument als sonderlich effizient für die linke österreichische Opposition erwiesen hat...
5 BREFKAS READY REC. wird übrigens von Sänger Thomas Tesar, gemeinsam mit PASTE-Sänger Michael Gaissmayer, mit hohem, eigenem Finanzrisiko, als Independent-Label betrieben.
(BREFKAS READY RECORDS, Laurenzg. 11/32, 1050 Wien)
Daniel Steiner