DER MINISTER IN DER KAPU

Am Donnerstag, dem 14. 12., besuchte Rudolf Scholten im Rahmen einer Kultur-Tour durch OÖ das Landestheater, die Universität, die Freistädter Localbühne und auch die KAPU. Ursprünglich sollte dieser Besuch, der vom SP-Kulturbeauftragten Klaus Wallinger vorbereitet wurde, bereits am 15. September stattfinden, scheiterte aber damals an den schwierigen Budgetverhandlungen, die bekanntlich schließlich zu Koalitionsbruch und eben den Neuwahlen führten.

Der Besuch selbst, obwohl nur drei Tage vor der Wahl, stand allerdings nicht so sehr in deren Schatten, sondern ließ uns die Möglichkeit, Scholten die Arbeit des Kulturvereins KAPU sowie unser Haus vorzustellen. Wobei es uns wichtig war, unsere Strukturen, wie auch die "kulturhistorischen" Hintergründe, unserer Tätigkeit verständlich zu machen. Konkret erklärten wir ihm, daß sich unser Veranstaltungsprogramm in verschiedene Hauptrichtungen, nämlich Hardcore/Punk-Rock, Hip-Hop, Pop, afrikanische Kultur und "Neue elektronische Tanzmusik" (Techno, Jungle, Dub ...), gliedert, wobei wir in all diesen Bereichen besonders darauf achten, auch lokale Bands/DJ´s zu fördern. Hier versuchten wir Scholten auf unsere besondere Situation als Veranstalter von - grob gesagt - "Sub-Kultur" hinzuweisen: Besonders im Punk-Rockbereich entstand durch die teilweise Verkommerzialisierung von Musik und Kultur, vor allem durch MTV, VIVA und BRAVO, ein Spannungsfeld zwischen den Ansprüchen vieler Jugendlicher an ein Musikprogramm und dem, was von uns tatsächlich geboten werden kann.
Hintergrundinformationen wie diese sollten dem Minister klarmachen, welchen Stellenwert Alternativkultur in der heutigen Populärkultur hat.
Weiters präsentierten wir unsere Projekte, die neben dem Veranstaltungsprogramm den zweiten Hauptschwerpunkt unserer Arbeit bilden.
Hingewiesen haben wir hier auf das KAPU-STUDIO, das günstige Aufnahmemöglichkeiten bietet, auf unsere Tätigkeiten im Internetbereich, besonders auch als Medium für den BANDPOOL, das 11-Jahre KAPU Geschichtsprojekt "Zugänge (er)finden", das Tanzmusikprojekt, das versucht, mit Qualität den bewußt kommerziellen Raves entgegenzuarbeiten, und natürlich den hillinger. Anschließend fand im SOFA ein Gespräch zwischen dem PHÖNIX-Dramaturgen Franz Fend und Rudolf Scholten statt, aus dem wir im folgenden einige Auszüge bringen.

FF: Die oberösterreichische SPÖ hat ja bezüglich der Kulturpolitik eine größere Initiative gestartet. Sie will sich mehr um die freie Szene kümmern, um Kulturpolitik allgemein. Haben sie dazu parteiintern nachgeholfen oder ist das irgendwie aus eigener Initiative entstanden?
Scholten: Das ist eine eigene Initiative, über die ich aber sehr froh bin, wobei ich das aber letztendlich doch darauf zurückführe, daß in der SPÖ insgesamt ein wesentlich engagierteres Kulturklima und eine engagiertere kulturpolitische Haltung gibt. Das heißt nicht, daß es bisher überall gelungen ist, aber beispielsweise in OÖ gibt es deutliche Energien in diese Richtung.

Es ist aber innerhalb der SPÖ doch noch so, daß kulturpolitische Positionen, die eigentlich sehr konservativ sind, durchaus noch ihren Platz haben. Es gibt natürlich die Befürchtungen, vor allem von der freien Szene, daß man sie politisch instrumentalisieren würde, daß man sie für die eigenen politischen Zwecke mißbraucht. Diese Befürchtungen gibt es sicher innerhalb der Szene, in Inititativen. Wie kann man das vermeiden?
Indem man den Unsinn nicht glaubt. Es soll mir jemand ein einziges Beispiel sagen, wo wir, ich spreche jetzt als Ministerium, versucht haben, politisch jemanden zu gebrauchen durch die Tatsache, daß man Subventionen bekommt.
Ich halte das übrigens für ein Argument, das in direkter Linie von der FPÖ kommt, und die uns ja unterstellen, daß wir dazu Subventionen geben und jetzt wird das dann umgedreht, von der genau konträren Seite, aber es wird deswegen nicht richtiger.

Zu einem sehr leidigen Thema: Förderungspolitik. Sie haben das Stichwort vorher schon angeschnitten. Es ist in aller Munde, das Sparen, auch die SPÖ spricht dauernd davon, daß man sparen muß, und ich denke, daß das auch am Kulturbudget nicht vorbeigehen wird.
Es wird aber notwendig sein, hier politische Maßnahmen zu setzen. Es gibt da natürlich Ängste, vor allem in der freien Szene, daß, wenn überall gespart wird, dann auch bei ihr gespart wird, und in der freien Szene ist das ja so, daß schon ein geringerer Prozentsatz das Aus bedeuten würde, weil sie einfach schon so hart an der Grenze arbeitet.
Ja, die letzten Jahre sind ein Beweis des Gegenteils. Ich kann für die Zukunft nur sagen, was ich mir vorstelle, aber keine Garantien geben. Dieses Argument ist ja auch schon vor einem Jahr und vor zwei Jahren gefallen, und jedesmal war das Budget danach größer als im Vorjahr.

Wird es größer werden?
Das weiß ich nicht. Wir werden uns darum bemühen. Es wäre einigermaßen kindisch, wenn man jetzt mit Garantien um sich wirft, weil ja in 3 Tagen Wahlen sind. Das setzt zum einen voraus, daß es zu Budgetverhandlungen kommt, von jemanden, der überhaupt wünscht, daß es ein höheres Kulturbudget gibt. Die FPÖ und die ÖVP wünschen sich ein kleineres Kunstbudget, also wenn die für das Kunstbudget verhandeln, ist das sowieso kleiner, und wenn ich für das Kunstbudget verhandle, dann kann ich auf die Budgetentwicklung der letzten 5 Jahre verweisen, da hat sich das Budget verdreifacht.
Wir hatten ja auch schon ein 96er Budget, das war auch schon zu Ende verhandelt, und da hat es auch keinerlei Reduzierung gegeben, das war ungefähr in der Größenordnung des Vorjahres, aber zu Kürzungen wäre es definitiv sicher nicht gekommen. Das heißt, von der internen Verteilung hätten wir für die freie Szene eine Steigerung schaffen können, weil bei einigen größeren Institutionen auf die Bremse gestiegen werden könnte, was ich für richtig und machbar halte.

Wo glauben Sie, wo die Ansatzpunkte sind, einen demokratischen gesellschaftspolitischen Diskurs wieder in Gang zu bringen, einerseits für eine Partei, andererseits für einen Minister auch?
Um das praktisch zu beantworten: Ich glaube, daß es eine einzige Ebene gibt, die aber im Moment nur in Ansätzen dazu geeignet ist, das sind die Medien. Diesen Diskurs kann man sozusagen nur exemplarisch betreiben und davon ausgehend, daß sich das irgendwie fortsetzt. Unter den traditionellen politischen Instrumenten gibt es kein Diskursförderungsprogramm. Ich glaube, daß es nur geht, wenn wir verstärkt zu einer medialen Situation kommen, die nicht ihre autoritären Sprüche über Massenmedien verklopft, sondern tatsächlich Diskussionen aufbereitet.
Also wenn ich das in den letzten Wochen verfolge, die Presse etwa, dann wird das Ganze schon lächerlich und das sind schon Dinge - äh, ich glaube, das könnte in Frankreich nicht passieren - wo das medienkritische Verhalten der Bevölkerung, zumindest jener, die solch eine Diskussion betreiben, wesentlich wacher ist. Bei uns gibt es dieses Phänomen, daß jeder sagt, das alles, was in der Zeitung steht, ist falsch, nur was er selber liest, glaubt er.

Ja, genau. Aber in Österreich ist die Tendenz doch eine ganz andere. Hier ist es zu einer Konzentration im Medienbereich gekommen, die ihresgleichen sucht, andererseits besteht die Gefahr durch Privatisierung von Teilen der Post. Alternativmedien wie beispielsweise der HILLINGER wären durch die Streichung des vergünstigten Postzeitungsversand enorm betroffen.
Das stimmt mit Sicherheit nicht, weil die Post, im Sinn von Versand, steht ja da nicht zur Debatte. Was zur Debatte steht, halte ich aber für ganz richtig, obwohl ich da eher ein Skeptiker bin, ist der Telephon- und Telekommunikationsbereich. Im übrigen ist sogar gesichert, daß dieser Versandtarif bestehen bleibt.
Im Grunde hielte ich es für richtiger, diesen ganzen subventionierten Tarif zu streichen und einen Bruchteil von dem, was das kostet, dazu aufzuwenden, jenen Medien, die das tatsächlich ökonomisch trifft, direkt den Versand zu unterstützen.

Zum Ansatzpunkt des gesellschaftlichen Diskurs zurückzukommen: Ich glaube ja, daß da, abseits von Versand oder Finanzierungsgeschichten, auch legistische einerseits und andererseits natürlich inhaltliche Initiativen notwendig sind, um diesen verfahrenen Medienkarren vorwärts zu bringen. Wo glauben Sie, daß hier die Ansatzpunkte sind? Einerseits denke ich da an die Konzentration, andererseits natürlich auch an die Redaktion. Weil ich merke auch, daß Journalisten, die bislang durchaus liberale Positionen gehabt haben, wirklich auf diese F-ischen Schmähs reinfallen. Ich denke also, daß das ja eine Sache ist, die nicht so leicht in Gang zu bringen ist.
Na ja, also insofern glaube ich tatsächlich, daß der nächste Sonntag, ich halte in diesem Zusammenhang diese Wahl für sehr entscheidend, weil meiner Beobachtung nach ist es so, daß die Journalisten, die wir beide da jetzt im Kopf haben, zwar immer in ihren Artikeln vom sogenannten Bandwagon-Effekt schreiben, aber selber die besten Beispiele dafür sind. Nehmen wir den Kurier, das war für mich eines der frappantesten Beispiele. Der hat eine relativ klare Anti-FPÖ- und auch in der Waldheimgeschichte eine antifaschistische Haltung vertreten. Aber immer so gegen den eigenen Willen, weil sie in Wahrheit ein konservatives Blatt sind. Aber dann haben sie entdeckt, daß der Schüssel in den Umfragen eigentlich ganz gut liegt, und mit Feuer und Flamme haben sie ihre ganzen Vorbehalte gegenüber der FPÖ-Nähe so mancher ÖVP-Leute hinter sich gelassen und sind ein reines Wahlkampfblatt für den Schüssel geworden.
Ich erzähl das jetzt nicht nur aus Zorn oder aus Sicht der SPÖ, aber dann ist dort genau das Gegenteil passiert. Seit dem Zeitpunkt, als bekannt wurde, daß in den gängigen Umfragen die SPÖ weit besser liegt, als man vor ein paar Wochen noch geglaubt hat, kann man nahezu täglich im Kurier nachlesen, daß sich der Schüssel sehr gut vorbereiten muß auf die Frage, wozu das alles gut war... die drehen sich de facto einfach wirklich mit dem Wind. ...Ich glaube aber, und da komm ich wieder zum nächsten Sonntag zurück, wenn gelingt, was gelingen könnte, dann muß man schon sagen, daß das Argument, daß in Österreich ein Rechtsbündnis nicht gewollt wird, offensichtlich ein sehr stark politisch gängiges ist und sehr stark greift. Das wäre das erste Mal und zwar seit langem, daß diesem Zug nach rechts ein klarer Stopp, und zwar von den Wählern, entgegengesetzt würde.
Dann haben wir ein Eck, wo ich mich infolge meines eigenen Vorkommens dort einigermaßen auskenne, das einfach militante, rechtextreme Positionen vertritt. Damit meine ich jetzt nicht rechtsextrem im Sinne von Neo-Faschismus, sondern im Sinn von schwer reaktionär. Ich kenn viele Leute, die drüber lachen, also ich kann das eigentlich nicht ernst nehmen, obwohl es vielleicht leichtfertig ist das nicht ernstzunemen. Von den Komentatoren der Kronenzeitung, bis zum Hern Leitgeb, das kann ich nicht ernstnehmen..

Aber ich denke, so etwas sollte man schon ernst nehmen, wird doch die Meinung der medial Herschenden leicht zur gesellschaftlichen Meinung.
Naja, aber daher streite ich, daß das so ist: Ich würde mal so sagen, wenn das am Sonntag nur einigermaßen in der prognostzierten Form passiert, dann stimmt das einfach nicht. Also, was die da zusammengeschrieben haben in den letzten Wochen, ist ja in einer Form grotesk, daß ich Inhaltliches nicht ernst nehmen kann, ich muß auch ehrlicherweise sagen, mir würde dieser Job nicht Spaß machen, wenn ich so etwas ernst nehmen würde.
Sie können jetzt sagen, daß ist mein persönliches Problem und nicht das der Öffentlichkeit, aber man macht so einen Job letztendlich als Person und nicht als Rechenbeispiel. Also wir, das heißt ich und meine Frau und wir im Büro haben uns zurechtgelegt, daß wir eigentlich mehr darüber lachen als es ernst zunehmen.
Eine im Ministerium am meisten beachtete Kleinausstellung war, als wir im Stiegenhaus die Briefe, die wir nach der Peymannverlängerung bekommen haben, aufhängten. Das war wirklich so, daß viele Leute gekommen sind und sich sehr gut unterhalten haben dabei. Ich glaube auch, daß das ein sehr ernsthafter Punkt ist, daß man diesen Ecken signalisieren muß, daß man über sie lacht und nicht zu ernst nimmt...