ZEIT&GENOSSEN

von Matti Link , JAN.95
Der alte Keuner, der vom Brecht, der gemeint hat, daß er Zeitungen nicht mehr mag, weil sie schlecht seien, dann als Antwort bekommen hat, vom Brecht, daß dieser die Zeitungen auch nicht mag, er aber bessere wolle, ist mit dieser Tage wieder einmal eingefallen. Weil mir wieder einige von diesen unsäglichen Dummblättern ins Haus geflattert kamen, die in den letzten Jahren zuhauf aus dem Boden geschossen kamen. Wie zum Hohn, weil nämlich zu dieser Zeit auch einige Zeitungen das Zeitliche segnete, wie die Tageszeitung "Volksstimme" oder die "AZ" in der, seit sie von der SPÖ verstoßen wurde, auch wieder linke Positionen Platz fanden. Aber um die geht es nicht. Vielmehr um diese ungenießbaren Medienpflänzchen, gegen die scheinbar kein Kraut gewachsen ist, kein Wässerchen gemischt ist, weil sie gratis an die Haushalte verschickt werden, weil man sie nicht kaufen kann, aber auch nicht nicht-kaufen kann.

Diese "Neue Linzer Zeitung" um ein Beispiel zu nennen, dieses Produkt geistiger Hinfälligkeit, dieses scheimige Biederblatt mit seinen dumpfen Anbiedereien an alle und alles was Inserate und Subventionen bringen könnte, propagiert in seiner "Tierliebe", die stets nur schlecht getarnte Menschenfeindlichkeit ist, daß die Hundescheiße, der mehr als 4000 Hunde, die mehrmals am täglich in das urbane Gelände koten, auf den Verkehrsinseln konzentriert werden sollten, weil die HundebesitzerInnen, es auch nicht so gern haben, den Dreck ihrer Köter selber zu entsorgen. Aber solche Positionen sind einfach nur symtomatisch für diese "Zeitungen" und diese selbsternannten Journalisten. Es gehrt da gar nicht um die Sache - obschon ich keine Hunde mag, und noch weniger ihre Besitzer (u.a. Hitler) - sondern einfach darum, daß eine Gesellschaft, in der solche Dummheiten ungestraft verbrochen werden dürfen, schon wirklich hinüber sein muß. Du auch Hintersteininger mit Deinem Deutschen Schäfer, da hätten wirs wieder einmal, gell.

Oder dieses "Stadtblatt", eine Gazette aus dem Dustkreis der Linzer Stadtparteimächtigen, die, so wollen sie uns wahrscheinlich zeigen, eine ganz liberale Kulturpolitik einfordern. Und sie tun das auch recht wacker, knallen dem FP-Stadtrat Six und seinen Leuten eine ordenttlich vor den Bug, weil dieser eine Arbeit des Künstlers Hermann Nitsch, die 1993 von der neuen Galerie der Stadt erworben worden ist, zugunsten einer "karitativen" Sache versteigern wollte. Zurecht eine vor den Bug geknallt, so meine ich, aber trotzdem gehört diesen Bürgermeister-Arschkriechern eine reingesemmelt: Weil sie nämlich verschwiegen haben, daß es ja eigentlich der Bürgermeister (früher auch Kulturreferent) höchstselbst gewesen ist, der zuerst die Idee hatte, Bestände aus der städtischen Galerie einfach zu verscherbeln um das Budget ein wenig aufzubessern.

Denn, daß die Kulturpolitik der Haider-FP direkt an den Kampf der Nazis gegen die "Entartete Kunst" anknüpft, ist hinlänglich bekannt. "Die direkte Kunstförderung muß sich auf Werke beschränken, dieunserem abendländischen Kulturkreis angehören und gemeinhin als künstlerisch anerkannt sind… Auch die Förderung von Werken, die fremdartige Ausdrucksmittel benützen oder die unserer abendländischen Tradition zuwiderlaufen, ist abzulehnen." So die FP in einem Papier des brüchtigten "Lorenzer Kreises", der im wehen den reaktionären völkisch-nationalen Kulturbegriff der FP entwickelt und vorgegeben hat.

Aber diese Kulturpolitik hat nur eine Chance sich durchzusetzen, wenn die Regierenden in den verschiedenen Gremien, den Boden dafür aufbereiten. Und Dobusch tut das: verscherbeln einerseits war seine Forderung und ignorieren andererseits. Als der Bürgermeister, der keine Gelegenheit versäumt,Linz als die Kulturmetropole schlechthin darzustellen, vor nicht allzulanger Zeit, zur Eröffnung der Marc-Chagall-Ausstellung in der neuen Galerie eingeladen war, zog er es vor, der Eröffnung einer Opel-Auto-Schau beizuwohnen. So ist es, Bauernkarossen der Kunst vorzuziehen, das ist der Kultur-Verständnis des Bürgermeisters. Sowas öffnet Nitsch-versteigerern und Gau-Zensoren Tür und Tor.

Zum Thema Urteilskraft, meinte Schopenhauer, daß der gewöhnliche Mensch deren soviel hätte, wie der Kastrat Zeugungskraft. Wäre dem nicht so, wären diese Dummgazetten samt Schreiberlingen längst zum Teufel gejagt.