Zeit und GenossInnen

Matti Link , März 95


Manchmal ist man als Autor solcher Glossen schon etwas blöd dran, möchte man doch viel lieber über positive Entwicklungen auf dem weiten Feld des Kulturkampfes und des kulturellen und künstlerischen Lebens berichten. Man möchte über eine soziale Absicherung von Künstlern und Kulturschaffenden schreiben, über Ideen und Projekte die anstehen, die man mit Spannung und Freude erwarten kann. Man möchte darüber erzählen, daß Kunst und Kultur als ganz wesentliche Lebensmittel anerkannt werden, daß sich ein solidarischer Diskurs über die Ästhetik und die inhaltlichen Fragen entwickelt.

Dann kommt aber wieder einer so dumm daher, daß man meinen möchte, diesem Kerl, - den man ja eigentlich ganz anders eingeschätzt hätte, als Freund der Literatur und als Freund der Literaten, - müsse man sofort eine reindrücken (verbal versteht sich), daß es ihn umhaut. Daß er einmal zum nachdenken beginnt - zumindest. Da hat doch dieser Literaturredakteur des ORF-Landesstudios Oberösterreich in der jüngsten Landeskulturpostille einen Kommentar verfaßt, in dem er zu Ausdruck bringt, daß er mit der derzeitigen Literaturförderung gar nicht zufrieden ist. Der Mann bricht da nicht etwa eine Lanze für die Dichter, ficht nicht etwa für die soziale Absicherung der Autoren. Er meckert böse, daß aus einer Notwendigkeit von Literaturförderung mittlerweile ein Anrecht abgeleitet würde, auf die Dauer könne es nicht gut gehen, "wenn aus Förderungen Forderungen abgeleitet werden". Literatur- und Literatenförderung darf nicht eingefordert werden von den Autoren schreibt der Redakteur, "auch in Sachen Förderung darf die öffentliche Hand kein Selbstbedienungsladen werden", hebt er hervor.

Er führt neun Beispiele an die alle nur zum Ausdruck bringen sollen, daß die gesamte Dichterschaft ja viel weniger aufs Dichten und Schreiben aus ist, aus aufs kassieren von Literaturförderung. "Irgendwas werde ihm schon einfallen, wenn er erst einmal gefördert worden ist", zitiert er da einen nicht genannten Autor, der seiner Meinung nach erst zu schreiben beginnen würde, wenn er erst Förderung bekäme. Er will zeigen, daß unsolidarischer als die Autorenschaft wenige andere Berufsgruppen seien, und jene, die keine Förderungen bekommen, suggeriert er, seien eben zu dumm dafür.

Abgesehen davon, daß es ungeheuerlich ist, solche Sätze in dieser Zeit zu schreiben, weil Dichter und Intellektuelle mehr und mehr zur Zielscheibe dumpfer kultur- und kunstfeindlicher Politkrawallisierer werden, zeigen solche Positionen auch, wie es mit dem Literaturverständnis dieses Literaturredakteurs bestellt ist. Die populistischen Kunstfeinde werden diese Happen dankbar aufgreifen, wie sie das ökonomistische "Kultur-von-Null-ausgehend-neu-budgetieren" eines anderen Schreiberlings mit Freuden und Genuß immer wieder breittreten. Und Literatur ist etwas, dessen gesellschaftliche Notwendigkeit man neu überprüfen muß, besagt doch diese Position konsequent weitergedacht. Also nichts mit Lebensmittel Kunst und Kultur wie ich Eingangs als positive Perspektive zu skizzieren versuchte.

Es geht nicht darum, daß kritische Diskussionsbeiträge nicht gehalten werden sollen. Aber dieser Kommentar ist einfach nur üble Stimmungsmache, gegen Autoren, die mit Sicherheit nicht zu den Reichen unserer Gesellschaft zu zählen sind. "Förderung ist keine Holschuld, sondern eine Bringschuld." schmettert der Herr der in zahlreichen Kommissionen und Jurien sitzt, und schließt, daß "Die Freiheit der Kunst in Form von Freiem unverzerrtem Wettbewerb" gewahrt bleiben sollte. Weitergedacht, das sagt er aber nicht mehr, ohne Forderung, womöglich von Null ausgehend kalkuliert. Man merkt, wie die reaktionäre Trommelei der Populisten ihre Wirkung tut.

Abgesehen davon, daß dieser Kommentar kulturpolitischer Mist ist, fehlt ihm auch über weite Strecken das Sachverständnis. Oberösterreichische Dramatiker erhalten, wenn sie in Oberösterreich uraufgeführt werden, eine Förderung von S 50.000 Schilling. Dies hatte der Kulturlandesrat bei einer Podiumsdiskussion, bei der es auch um die soziale Lage der Theaterautoren ging, spontan zugesagt. keineswegs nur als Ausfallshaftung (Theaterautoren werden ja nicht fix bezahlt, die Tantiemen werden auf der Grundlage der Einnahmen berechnet) wie dies der Journalist behauptet, sondern als Unterstützung der Autoren. Es ist ja schon etwas besonderes und auch unterstützungswürdig, wenn oberösterreichische Autoren auch hier uraufgeführt werden. Eine Zusage, die der Kulturlandesrat dort in dieser Form gemacht hatte, - ich war selber zugegen - und nicht erst von den Autoren später erst als Forderung erhoben. Wenn ein Dramatiker für die Uraufführung eines Stücks keine 20 Tausender verdient, dann ist das einfach ein Hohn. Im Theaterkeller ist das aber nicht selten passiert. Da ist Förderung angesagt. Und nicht nur im Theaterkeller sondern in allen Theatern. Und alle Autoren. Wenn dann der Kommentator meint, diese Dramatikerförderung sei eine erforderte Förderung, dann ist das schlicht nicht wahr. Und ein Affront eines Literaturredakteurs gegen alle Dramatiker.

PS.: Wenn im Postscriptum des Kommentars, dessen Produzent sicherlich monatlich dreimal soviel verdient wie ein Dramatiker an Tantiemen bei einer Theaterkeller-Produktion, darauf Wert gelegt wird, daß der Autor eh ein grundsätzlicher Befürworter von Kulturförderung sei, dann kann man ihm das einfach nicht abnehmen. Nicht mehr. Solche Sätze darf ein Literaturverantwortliche eines Öffentlich-Rechtlichen Mediums einfach nicht schreiben.