General Bass a.D. 1.0

Ein dekaloger Satz zu Kern/Quehenberger

Wie die – unaufgeregt ohne demonstrative Aufmerksamkeitsfalle »the« auskommende – Selbstbezeichnung »Kern/Quehenberger« nahe legt, ist diese Formation 1. eine Personenunion im Umfang eines Duos und besteht 2. aus Didi Kern und Philipp Quehenberger, weshalb es unter Zuhilfenahme der Präzisierung, dass es sich um Musiker handelt in erster Annäherung in Folge wiederum nicht fern liegt, 3. auf die sonstigen Aktivitäten der Beiden zu verweisen (Fuckhead, Wipeout, Bulbul, broken.heart.collector, Austrofred, Hotel Morphila im Falle Didi Kerns und die Veröffentlichungen Philipp Quehenbergers unter dem nämlichen Namen), sie nach einer Blitzabfrage im informierten Bekanntenkreis (mit Erfahrung aus erster Hand) zum Charakter ihrer Musik 4. in einen erweiterten Kontext popkulturellen Wissens zu verfrachten (die klangliche Annäherung an Sun Ra, die sich auch in der Beteiligung an Konzertveranstaltungen zu dessen Ehren ausdrückt) und sich nach eigener Bekanntmachung mit zugänglichem Tonmaterial zum Zwecke der Vermittlung des Gehörten 5. blumiger Metaphern und leicht schlüpfriger Allegorien (»Intros wie das gamsige Liebesgeflüster unbeaufsichtigter Brummschleifen« oder »Solche Stücke entstehen, wenn Donnerdrummel und Flugzeugträgerfrequenz einen abheben gehen«) und onomatopoetischer Wortbildungen (etwa »brzzzzln«) – eventuell auch literarischer Verweise (»rent a tent - rent a tent«) – zu bedienen, was der Rezension zusätzlich literarischen Surplus abmelkt; diese Selbstbegattung des Textes aber durch Verweis auf 6. die Teilnahme der – ansonsten der Subkultur zugehörigen – Beiden an künstlerisch höher bewerteten Zusammenhängen zu relativieren (Kern-Quehenbergers Zusammenarbeit mit Franz West bei dessen Ausstellungseröffnung, Quehenbergers Kollaboration mit der Flötistin und Gambistin Eva Reiter bei »Wien Modern« 2009, oder seine Verkörperung von »The Keyboard Player« auf einem fotografischen Portrait von Clegg & Guttmann, oder aber 7. – nachdem es sich nicht um ein Vokalduo handelt – die Auffassung von elektronisch generierten oder an ihnen orientierten Klängen als »Maschinenmusik« ernst nehmen und die Argumentation ad hominem vorerst in Richtung der beteiligten Produktionsmittel zu verlassen, welche neben dem – allerdings mitunter durch drum-sequenzer verstärkten – analogen Schlagzeug (Bassdrum, Snare, Hi-Hat, Rack- sowie Floortom, Ride und Crash Becken) aus – zumindest analog inspirierten – Synthesizern bestehen (meist drei Oszillatoren mit den traditionellen Sinus-, Dreieck-, Sägezahn-, und Rechteckwellformen; Rauschgenerator und Ringmodulator; sowie Hüllkurvengenerator und diverse Filter, die jene damit assoziierten charakteristischen Schwingungen zulassen und durch pitch-bend Manöver, sowie die überraschenden Steuerungsergebnisse des LFO moduliert werden), was zwar aufschlussreich für damit erfahrene (also eher technikaffine) Personen ist, ansonsten aber doch »geeky« und »nerdy« wirkt, weshalb – um nicht 8. Genrebezeichnungen (Freejazz, Noise, Techno) zu bemühen, die dem Duo ohnehin eher suspekt sind (da sie »sich über mögliche Kategorisierungen ihres künstlerischen Tuns, nicht wirklich den Kopf zerbrechen«) – 9. der Schritt zur Konkretisierung angeraten scheint, darauf einzugehen, was sie mit ihren Gerätschaften anstellen, wobei dies sinnvollerweise wiederum in akustisch-rhythmische Terminologie zu überführen wäre (siehe 7. mit dem ergänzenden Hinweis auf die Rhythmik in ungeraden und gebrochenen Taktarten, die alternierend sturem Elektrostampfen weichen), was vor der endgültigen Kapitulation des Beschreibungsversuches als Sukkus nur 10. die Aufforderung zulässt: Die Gelegenheit zur Klangerfahrung mit den Stücken der Herren Quehenberger/Kern unter Nichtbeachtung des ansonsten angestrebten Rauschabstandes zu ergreifen und sich bei Gefallen am Abend des 18. April im Saal der Stadtwerkstatt einzufinden oder sich gleich unvorbereitet dort die Zeit klanglich organisieren sowie auch ansonsten das Noise Gate weit offen zu lassen.

Mark Bifáse

Veröffentlicht ist von Kern/Quehenberger einstweilen eine Musikkassette als Splitveröffentlichung mit Regolith auf Interstellarrecords (www.interstellarrecords.at)

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