Müssen wir FM4 den Kopf waschen?

Es ist oft erschreckend, auf wie wenige Formeln sich künstlerische, vor allem aber kulturelle Hervorbringungen zusammenfassen lassen. So gleicht sich der Werdegang vieler Film- oder Romanhelden. Der spätere Held ist am Anfang der Story meist der, der sich am längsten aus der Sache heraushalten will. Meist Marke einsamer Wolf.

Beinahe alle Western funktionieren so, aber auch »Braveheart« von Mel Gibson oder »Terminator« (bei letzterem ist es allerdings eine Heldin). Dieses Muster ist aber weitaus älter als Hollywood. Bereits in Homers »Ilias« versuchte der spätere Held Odysseus sich vor dem Feldzug gegen Troja zu drücken, indem er sich wie ein Geisteskranker verhielt. Noch ein Stück weiter reicht die Berufung Moses zurück, aber auch da war schon dieses Muster zu finden. Gott musste Moses erst drei Zaubertricks bei-bringen, ihm Aaron zur Seite stellen und in göttlichen Zorn ausbrechen, bis sich Moses endlich bereit erklärte, die Hebräer aus Ägypten heraus zu führen (Ex. 2,23v- 4,17).
Ein in der österreichischen Kultur sehr beliebtes Muster künstlerischer und kultureller Hervorbringungen ist die Verquickung von Banalem und Tiefgründigem, von Blödelei und Gesellschaftskritik. Dies lässt sich sowohl in der Volksmusik als auch in Mozartopern nachweisen. Und spätestens seit den gemeinsamen Programmen von Karl Farkas und Ernst Waldbrunn hat diese Methode auch einen Namen: G’scheites und Blödes.

Mit »G’scheites und Blödes« ließe sich auch das Programm von FM4, dem angeblichen Jugendsender des ORF, zusammenfassen. Auch hier finden Blödeleien und ernsthafte Gesellschaftsbetrachtungen gleichermaßen Platz. Eine Eigenschaft, die FM4 im Übrigen mit Radio FRO 105.0 teilt. Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Sender ist, dass sie beide am diesjährigen Linzfest präsent sein werden. Aber während Radio FRO 105.0 gemeinsam mit der Linzer Black Community von einem der Herzstücke des Linzfestes, dem INDAWA berichten wird, hat FM4 bereits in den Vorgesprächen verweigert, sich am Afrika-Schwerpunkt des diesjährigen Linzfestes zu beteiligen. FM4 hat sich somit zur afrikafreien Zone auf dem Linzfest erklärt.
Ein Verhalten, das mit dem Vokabel Fauxpas wohl nur unzureichend beschrieben ist. Sich in einer Zeit, in der durch die militärische EU-Flüchtlingsabwehrpolitik jährlich geschätzte 4000 AfrikanerInnen den Ertrinkungstod im Mittelmeer finden, zur afrikafreien Zone zu erklären, ist blanker Zynismus; oder Ausdruck grenzenloser Blödheit. Das ist auch der Verdacht, den ich in dieser Angelegenheit hege: Die FM4-Beteiligung beim Linzfest wurde zur Gänze der Blödelabteilung dieses Senders übertragen.

So geht das aber nicht, meine lieben Freundinnen und Freunde von FM4. Das Modell »G’scheites und Blödes« funktioniert nur in der Kombination dieser beiden Komponenten. Denn Blödheit alleine ist nur eines: blöd. Aber dieses Ansinnen, sich auf dem Linzfest zur afrikafreien Zone zu erklären, funktioniert auch aus einem anderen Grund nicht. Die Menschen in Linz lassen es sich nicht gefallen, dass hier Leute eine der wichtigsten Bühnen auf dem Linzfest besetzen, ohne vorher ihr Hirn einzuschalten. Wenn ihr also nicht wollt, liebe Freundinnen und Freunde von FM4, dass wir euch den Strom abdrehen, eure Bühne besetzen oder euch ansonsten irgendwie gehörig den Kopf waschen, dann überlegt euch etwas zum diesjährigen Afrikaschwerpunkt. Oder bleibt zu Hause.

*INDAWA bedeutet auf Sului Versammlungsort. Diesen Namen wird auf dem Linzfest auch ein von Containern abgegrenzter Platz auf der Donaulände (Höhe Brucknerhaus) tragen, auf dem sowohl am Sonntag, den 23., als auch am Montag, den 24. Mai laufend Workshops, Theater- und Musikvorführungen stattfinden werden. In einem dieser Container wird Radio FRO 105 MHz ein Außenstudio errichten.

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