Ist die Information ein exterritoriales Alien und der Mensch dessen Wasseraffe?
Haben die MedienkünstlerInnen und ihre MedientheoretikerInnen als intellektuelle Personen versagt, oder sind ihnen die Arbeitsvoraussetzung entzogen worden? Eine Grundlage wäre ein fundiertes Wissen über das Medium, in dem man arbeitet. Mit steigender Komplexität der Information und ihrer Technologie konnte man diese Voraussetzung immer weniger nachvollziehen. Dieser Aufsatz in zwei Teilen soll Krisen analysieren und mögliche alternative Theorien und Wege aufzeigen.
Fangen wir früh an:
Im George-Orwell-Jahr 1984 gab es einen Blockbuster – Arnold Schwarzenegger als TERMINATOR. Ein Horrorszenario: In der Zukunft müssen Menschen gegen Maschinen kämpfen um zu überleben – und es sieht nicht gut aus. Einziger Ausweg ist eine Zeitmaschine, mit der die Entwicklung vor ihrem Entstehen gestoppt werden kann. Eine einfache Handlung mit viel Action, der man 26 Jahre später wieder etwas abgewinnen kann. Dazu müssen wir uns von der Vorstellung lösen, dass Maschinen mechanisch funktionieren. Denken wir an Software, an maschinelle Strukturen, die unsere täglich benötigte Information transportieren und aufbereiten. Eine Technologie, die theoretisch unseren Alltag erleichtern sollte, praktisch aber noch immer nicht reibungslos funktioniert. Es gibt noch Probleme mit der Technik oder mit dem Umgang des Mediums, aber es gibt kein Zurück. Die Richtung ist vorgegeben – in der Endphase soll das ganze Wissen dieses Planeten digital verwaltet werden. Der Wille und der Forschungsdrang ist vorhanden, und die Aufklärung will vollendet werden.
hmmm, fangen wir noch früher an:
Es begann mit der Information, mit der Fähigkeit der homoniden Art sich selbst über sein Spiegelbild zu erkennen. Dies ist normalerweise eine Entwicklungsphase des Kleinkindes im 6. bis 18. Monat, sie ist aber auch ein Schritt in der frühmenschlichen Entwicklung. Ein Schritt, der sich gut in die Wasseraffentheorie1 von Max Westenhöfer (1871–1957) einreihen würde. Spiegelungen an der Wasseroberfläche als erster Schritt des frühen Menschen, um Information abstrahieren zu können2. Das Erkennen des ICHs als ein wichtiger Schritt in der Informationsentwicklung. Aber wenn man das weiterdenkt, dann müsste ja die Information älter sein als der Mensch. Und wenn das so ist, dann geht’s jetzt ans Eingemachte:
Gehen wir gleich ganz zurück:
Information ohne Rezipienten? WOW! Jetzt müssen wir uns bis zum Beginn der Evolution zurück wagen. Die Natur hat auch schon vor dem Auftreten des Menschen Information in Desoxyribonukleinsäuren (kurz DNS oder DNA) gespeichert und diese über Zellteilungen weitergegeben (Daten wurden und werden gespeichert und kopiert). Aber wo kam diese Information her? Eine Theorie über das Entstehen des Lebens geht von der Annahme aus, dass alle Komponenten dazu vom Himmel gefallen sind.
Aminosäuren ermöglichten Symmetriebrüche, die über verschiedenste Attraktoren ausgelöst wurden. Die Information entstand also durch Asymmetrien in Molekülstrukturen. Strukturen, die eigentlich spiegelbildlich symmetrisch angeordnet sein sollten, aber irgendwann einen kleinen Unterschied aufwiesen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist alles nachvollziehbar, nun kommt es aber zu wildester Spekulation: Nehmen wir mal an, damals entstand nicht eine einfache Form des Lebens sondern es war eine hochgradig komprimierte Form von Information, die da vom Himmel fiel. Die ganze Information, in ein paar Bits und einem fraktalen Attraktor gespeichert – alles war vorprogrammiert. Es ging nicht um die Erschaffung von Leben, sondern nur um ein einziges Ziel: eine Ausbreitung der Information zu ermöglichen. Der chemische Symmetriebruch in den Aminosäuren löste ein Kopierlawine von Datensätzen aus. Und die Information begann sich zu entpacken – Leben war nur ein Hilfsmittel um Information dekomprimieren zu können. Eine gängige Theorie erklärt Evolutionssprünge über zufällige »Kopierfehler« – wenn wir aber die Information ins Zentrum stellen, könnten diese Evolutionssprünge des Lebens schon in den Datensätzen vorprogrammiert gewesen sein. Eine Dekomprimierung ab dem Ursprung würde demnach immer nach dem selben Schema verlaufen. Und wir könnten einen Masterplan davon ableiten: Über das Leben eine möglichst große Vielfalt, und somit eine größere Datenmenge zu erzeugen. Unter diesen Gesichtspunkten ist die Abstraktionsfähigkeit der hominiden Art ein Quantensprung in der Informationsentwicklung, die Information kann sich über die neue Spezies (Mensch) selbst reflektieren. Was ein Spiegelbild für eine ICH-Erfahrung des Menschen bedeutet, ist auch für die Information (durch die Aufarbeitung der Evolutionsgeschichte durch den Menschen) ein Meilenstein der Entwicklung. Es entstand und entsteht noch immer eine künstliche Information des Menschen über den Informationsgehalt der Natur.
Der erste »Layer« (die erste Informationsgeneration) ist durch diesen Sprung entstanden. Der Mensch und dessen Intellekt erfand in Folge die Schrift und den Buchdruck, eine riesige Wissensverbreitungsmaschine, die einen unglaublichen Entwicklungsschritt für die Information bedeutete (Der nächste »Layer«). Laut Definition vermittelt Information nur einen Unterschied, sie verliert ihre Gültigkeit, nachdem sie informiert hat. Ein Buch, das man auswendig kennt, würde nichts mehr bringen.
500 Jahre später folgte der dritte »Layer«, die elektronische, globale, vernetzte Informationswelt. Dies führte aber zu einer vertrackten Situation, einer Trennung von Transport und Speicherung. Beide funktionieren innerhalb eines Netzes in unvorstellbarer Kapazität und Geschwindigkeit, haben aber nicht direkt etwas miteinander zu tun. Wissen wird nicht mehr zentral in einem WISSENSTURM (ein spezieller Gag in Linz) vermittelt, es befindet sich immer und überall. Mehr Daten verursachen keine Mehrkosten in unserer heutigen technischen Kompe-tenz, die Softwaremaschine ist gestartet und nicht mehr zu stoppen.
Es gibt vielleicht noch einige Personen, die glauben sie hätten Macht über dieses Konstrukt. Dieses Informationsnetz hat durch seine Kapazität und Geschwindigkeit aber schon allerhöchste Priorität erreicht. Wie auch in Bibliotheken, sind auch hier unsere Werte bereits festgeschrieben. Hardware ermöglicht zwar erst Software, und man könnte leichtgläubig vermuten, dass man durch das Ziehen des Netzsteckers das System abschalten kann. Aber dieses System von Transport und Speicherung ist dezentral organisiert, und somit redundant aufgebaut. Mit der technologischen Entwicklung, die durch das eigene Informationssystem unterstützt wird, wird die Miniaturisierung schnell vorangetrieben, der Quantencomputer wird in Zukunft den Energiebedarf um Hunderterpotenzen senken, und die Systeme werden sich über erneuerbare Energie in den natürlichen Energiekreislauf eingliedern.
Dies könnte so weit gehen, dass auch ohne Mitwirkung des Menschen, die gesamte Information dekomprimiert wird, bzw. die Simulationsleistung der Software Kapazitäten erreicht, um die verbleibenden Möglichkeiten modellhaft errechnen zu können.
Die aktuellen Probleme, Information über Medien zu transportieren. Endzeitphantasien sind nicht gut, es müssen Zukunftsperspektiven her. Das Zeitalter der Aufklärung kann doch nie zu Ende sein? Oder? Sind wir bereits an eine Grenze gestoßen? Ist die Finanz- und Wirtschaftskrise eine Krise der Medien und somit eine der ersten Krisen der Informationsvermittlung? Medien, die als Vermittler der Informationen arbeiten, geraten zunehmend außer Kontrolle. Der Informationsgehalt ist kaum mehr zu verifizieren. Um dies trotzdem zu machen, müssen wir die Medien zuerst einmal in zwei Arten unterteilen: Die Push- und die Pullmedien. Über die Pushmedien werden wir automatisch mit Information versorgt (Radio, Fernsehen), und über die Pullmedien (Internet) holen wir uns die Information selbst ab. Leider vermischt sich derzeit sehr viel in diesen Medien, und wir bekommen über die Pushmedien Informationen geliefert, die teilweise irrelevant sind ( z.B. jemand lässt in Australien ein Butterbrot fallen). Diese Information ist zwar in den Pullmedien vorhanden, und falls es jemand interessiert, kann sie dort auch abgeholt werden. Aber eine Mischform beider Medien macht uns krank im Schädel. Vogelgrippe, Anthrax, Waldsterben, Terrorismus, Schweinegrippe, Pandemien an allen Ecken und Enden, als Ergebnis eines unreflektierten Umgangs mit Medien. Personen, die diese Medien nicht trennen können, werden zu Getriebenen der Information.
Es gibt noch weitere unerklärliche Symptome in unserem Medienzeitalter. Die Sucht der BenutzerInnen nach neuer, besserer, schnellerer Information. Dies könnte mehrere Ursachen haben: Entweder es ist einfach nur die sequentielle Information des Monitors, die unser Gehirn stimuliert3, oder es könnte auch sein, dass der Mensch immer neue bessere Nachrichten in den Pushmedien braucht, um schneller die alltägliche digitale Informationsflut vergessen zu können (Zum Thema »Vergessen« kommen wir später).
In der nächsten Versorgerin geht es weiter mit den Problemen des Internets.
[1]http://de.wikipedia.org/wiki/Wasseraffen-Theorie
[2] Im Wasser spiegelt sich alles kopfüber. Nur der Betrachter sieht sich in kopfrichtiger Position. Diese und andere Spiegelthesen spielen in der Kunst, Philosophie und Medizin schon lange eine wichtige Rolle.
Im Forschungsbereich der Stadtwerkstatt-dev Abteilung – doNAUtik – wird auf dem Messschiff Eleonore im Hafen Linz an einer Messung von Wassercluster gearbeitet. Wassermoleküle verketten sich über Dipoleigenschaften. Der Informationsgehalt und die Attraktoren dieser Verkettungen sind zu verifizieren. Auf dem Messschiff wird weiters das elektrostatische Verhalten von Wassermolekülen untersucht.
[3] Bei einem Monitorbild erreichen uns ca. 20 Millionen Bildpunkte nacheinander innerhalb einer Sekunde. Diese müssen zuerst im Gehirn zu einem Bild zusammensetzt werden, bevor wir überhaupt wahrnehmen können, was es darstellen soll. Jeder dieser 20 Millionen Bildpunkte besteht auch noch aus 16 Millionen Farbmöglichkeiten. LCD-Monitore könnten rein theoretisch ein paralleles Bild erzeugen (wie bei einem Dia), tun dies aber leider aus Kostengründen nicht. An dieser Informationsmenge kann man die Kapazität unseres Gehirns einschätzen. Über einen längeren Zeitraum normalisiert sich diese Informationsverarbeitung und es kommt zu Entzugserscheinungen -> Bildschirmsucht.