Postmoderner Parsifal

Badiou, Lacan und Žižek – die wahren Wagnerianer.

Ein Jahr nach der Wiedereröffnung der Bayreuther Festspiele 1951 war dort der junge Alain Badiou mit seinen Eltern zu Gast. Sein Vater, damals Oberbürgermeister von Toulouse, wurde von den Deutschen zu den Aufführungen eingeladen – wohl eine der Maßnahmen zur ‚Besänftigung‘ der Franzosen nach dem Zweiten Weltkrieg. In seinen Fünf Lektionen zum ‚Fall‘ Wagner, die vor kurzem erschienen sind [1], beschreibt Badiou den überwältigenden Eindruck von damals, als er mit seinen Eltern »durch ein besiegtes, graues, noch immer zerstörtes Deutschland« fuhr und der »Anblick der großen Städte, die in Schutt und Asche lagen«, sie »unmerklich auf die Tragödien des Rings« einstimmte. Jetzt, 50 Jahre später, hält er Seminare an der Pariser École Normale Supérieure zu Wagners Parsifal, und an ihnen nimmt auch Slavoj Žižek teil, den Badiou selbst als »den anderen großen Wagnerianer der heutigen Philosophie-Szene« bezeichnet. Mit der ihm eigenen Ironie fügt er hinzu, dass es unverständlich erscheinen mag, wenn »gerade die beiden Philosophen, die sich heute für die Erneuerung des Wortes Kommunismus einsetzen, so leidenschaftlich die Diskussion um Richard Wagner verfolgen«. Unverständlicher noch mag es erscheinen, dass er brüsk behauptet, mit dieser Leidenschaft für Wagner ebenso gegen die Bannflüche der meisten progressiven Palästinenserfreunde wie auch des Staates Israel anzukämpfen. Es erweist sich aber im Fortgang seiner Lektionen als durchaus logisch, dass er schon im Vorwort unversehens auf den Nahostkonflikt zu sprechen kommt, ihm zu Wagner sofort einfällt, dass dieser Komponist in Israel nach wie vor nicht gespielt wird.

Dekonstruktion Adornos

Zunächst kann Badiou nicht umhin, sich mit dem wichtigsten Wagner-Kritiker unter den Philosophen seit Nietzsche zu beschäftigen – und so schreibt er dank Wagner auch zum ersten Mal ausführlich über die Negative Dialektik von Adorno. Wer die Philosophie Badious kennt, wird sich nicht wundern, dass er mit der Hellsicht der Ranküne bei seiner »Dekonstruktion« Adornos sofort den entscheidenden Punkt trifft. Denn in Logiken der Welten hat er bereits seine ganze Verachtung für »die Furcht vor dem Tod als einzige Leidenschaft« gezeigt, worin er die Ingredienzien des »demokratischen Materialismus« erblickt, der die Menschen auf ihre tierische Natur reduziere. Das »reale Leben von sich einigen Subjekten« aber gebe es nur jenseits der Körper. Der Leib wird von Badiou als »tierische Reduktion« abgetan, der wahre Körper sei hingegen der »politische Körper«: Maos »rote Macht« ist der eigentliche Leib, Physis und Physik des Wahrheitssubjekts. Höhnisch spricht Badiou von der »Empathie in das Spektakel der Leiden« und verlangt die Abtötung der leiblichen Bedürfnisse: »Das Leben ist das, was mit den Trieben fertig wird.«

In seinen Lektionen über Wagner scheint er zunächst anders zu argumentieren: Hier versucht er Adornos Einwand, dass bei Wagner das Leid der Kreatur immer wieder an entscheidenden Stellen ausgelöscht wird, zu entkräften und Wagner im Gegenteil als großen Musiker des Leidens präsentieren zu wollen. Das Leiden wird jedoch letztlich dadurch zum Verschwinden gebracht, dass der Philosoph es vom Individuum und vom kreatürlichen Leib abgelöst als »eine Form des Daseins« betrachtet. In dieser Gestalt kann es monumentalisiert werden. »Vielleicht konnte man gerade wegen dieser Monumentalität auf die Idee kommen, dass es sich nicht um Leiden handelt, sondern um Vernichtung und Erlösung«, sagt Badiou. Damit spricht er das Wesentliche von Wagners Darstellung des Leidens aus: Es wird ihm bei Amfortas, den eine Wunde quält, die sich nicht mehr schließt, ein höherer Sinn gegeben durch den Ritterorden. Das Leid, das Wagner beschäftigt, besteht bloß in den Schuldgefühlen, die Wunde ist nur deren Symbolisierung. Der physische Schmerz, der im Tristan noch für die unerfüllte Liebe stand und dadurch nicht für einen Zweck jenseits des Individuums instrumentalisiert werden konnte, wird nun zum reinsten Symbol der Gemeinschaft, die von einem Feind innerlich bedroht sein soll, und verrät den Trieb: Monument für die Sünde sexueller Lust, an der jene Gemeinschaft krankt. Bei der Gralsenthüllung im Ersten Akt des Parsifal, wodurch in dieser aberwitzig-ernsten Parodie der Kommunion in der Heiligen Messe die Ritterschaft sich erneuern soll, bricht das sündige Blut aus Amfortas’ Wunde neu hervor und bereitet die unerträglichen Schmerzen, woraus die Monumentalität des musikalischen Gralsmotivs erstehen kann, in dem die Schmerzen als solche vollkommen verschwinden.

Es ist nur konsequent, dass Badiou Wagner völlig aus musikgeschichtlichen Zusammenhängen herauslöst. Adorno genau entgegengesetzt, deutet er ihn gerade nicht von der Moderne aus, er weiß offenbar kaum etwas von Mahler oder Schönberg, das in diese Deutung wirklich eingehen könnte. (Auf Fragen, die der inneren Geschichte des musikalischen Materials gelten, kommt er fast nur zu sprechen, wenn die Auseinandersetzung mit Adorno es erzwingt.) Wie wenig Badiou auch von Musik versteht – er vermag offenbar kaum zwischen Dur und Moll zu unterscheiden: beim As-Dur Schluss des Parsifal etwa spricht er von B-Moll –, das an ihr versteht er, was Adorno am Bedrohlichsten schien: die Einstimmung auf Volksgemeinschaft. Für die Momente aber, die ihr in Wagners Partitur entgegengesetzt sind und sich nur von jener neueren Musik aus erschließen, zeigt Badiou keinerlei Interesse, obwohl allein dadurch dem unerhört Modernen der Parsifal-Musik, schon in den ersten Takten des Vorspiels, auf die Spur zu kommen wäre. Lieber preist er den Schluss der Meistersinger und des Parsifal: Er spricht von der Notwendigkeit der Synthese, und schweigt im selben Maß über die Auslöschung von Kundry (im Parsifal) und die Vertreibung von Beckmesser (in den Meistersingern), obwohl er sehr genau bescheid weiß, dass mit beiden das Judentum gemeint ist. So leugnet er keineswegs, dass man in Beckmessers Gestalt »auf einen ganz klassischen und elenden Antisemitismus der sozialen Enttäuschung« stoße, aber indem er den Antisemitismus eben auf Partikulares wie Wagners Konkurrenzkampf mit Meyerbeer zurückführt, fällt es ihm desto leichter zu unterschlagen, dass Beckmesser verschwinden muss, wenn die große ‚Synthese‘ des Volks am Ende erfolgt. Ganz ähnlich grenzt sich Badiou in anderen Schriften von dem ‚klassischen‘ Antisemitismus nur dann ab, wenn er zugleich dessen Energie gegen Israel richten kann.

Christlicher Unstaat

So geflissentlich Badiou die Vertreibung und Auslöschung von Beckmesser und Kundry übergeht, so laut feiert er das Opfer, das Hans Sachs und Parsifal für die volksgemeinschaftliche Einheit zu bringen haben, in Gestalt nämlich ihres eigenen Trieblebens. »Meister« wird in Deutschland nur, wer sich als »fähig erweist, sein Opfer zu bringen«. So will Badiou mit Wagner das Christentum erneuern und schlüpft in den letzten beiden Lektionen selber in die Rolle des Parsifal: Denn wenn »es nur noch ums Überleben geht, hat man der sexuellen Neigung nichts mehr entgegenzusetzen, Man wird von ihr, dem Realen, zerstört und ist wehrlos gegenüber der Lust.« Ohne Otto Weiningers Buch über Geschlecht und Charakter zu erwähnen, stipuliert auch er, nur in anderen Worten, dass »das Weib … die bejahte Sexualität des Mannes« ist und deutet in diesem Sinn ganz richtig Syberbergs Parsifal-Film: »In der Oper durch die zutiefst obszöne Wunde von Amfortas symbolisiert«, werde die sexuelle Lust »von Syberberg tatsächlich in der schrecklichen Obszönität einer Vagina auf einem Kissen dargestellt, Wenn nur das Überleben zählt, ist man wehrlos gegenüber der Pornographie. Die Maxime der heutigen Welt.« Es geht für Badiou eben um etwas anderes »als um die bloße Konzentration auf Überleben und Selbsterhaltung, um etwas anderes als Egozentrismus. Alles Interesse am Überleben ist nur eine Form von Egozentrismus, bietet daher keinen Schutz vor der Obszönität der Lust.« In Wagners Darstellung des dahinsiechenden Ritterordens findet Badiou das beste Bild für die Ordnung des Staats, der das Christentum sich untergeordnet und damit Paulus verraten hat – die Ordnung, die er im Namen eines wahren Christentums ablehnt, eines Christentums, worin das Individuum mit seinen Trieben in der Gemeinschaft der verneinten Sexualität vollständig aufgelöst zu werden hätte. »Wenn die Eucharistiefeier nur den Sinn hat, den alten Titurel etwas länger leben zu lassen, verwundert es nicht, dass ein Christentum, das sich darauf reduziert, dem Tode geweiht ist.«

Tatsächlich singt Titurel, der Vater von Amfortas, bei Wagner, als wäre er Kafkas Vater: »Mein Sohn Amfortas! Bist du am Amt?« Der Gral ist hier noch unerlöst, der alte patriarchalische, durch ein verkommenes Christentum und sexuelle Liberalität verunreinigte, der ‚verjudete‘ Staat – für Badiou ist es der Staat schlechthin: Amfortas soll ihn aufrecht erhalten und ist doch nicht mehr imstande dazu. Weil er durch die sexuelle Begegnung mit Kundry gesündigt hat, bereitet ihm die rituelle Existenzerhaltung der souveränen Macht ungeheuerliche Schmerzen. »Das neue Christentum darf nicht mehr dieser egozentristischen Souveränität unterstehen, der es ums Überleben geht und deren Symbol Amfortas genauso wie Titurel ist…« Es muss über den Vater und das Gesetz, über den Staat und die Souveränität hinaus.

Parsifal-Talkshow: Žižek und Lacan

Wir müssen, sagt Badiou, Parsifal »als einen Signifikanten betrachten. Er verkörpert den Signifikanten ‚rein‘. Er ist das Schloss der Reinheit.« Reinheit heißt nichts anderes als allem Trieb, aller Sexualität beraubt: ganz so, wie schon Weininger den Phallus als vollkommen entsexualisiert verherrlichte; und Lacan eben diesen Phallus zum Signifikanten schlechthin erklärt hat, um die Entsexualisierung des Sexus zu vollenden. Indem Badiou den Signifikanten wieder zurück auf Parsifal bezieht, kommt das Politische zum Tragen, das bei Lacan im Verborgenen blieb.

Paradox an Badious Parsifal-Deutung ist, dass er damit dem Denken Lacans eigentlich näher steht als Žižek, der doch im heutigen Philosophiebetrieb als Lacanianer par excellence firmiert. So kritisiert Žižek (in seinem Buch über die Oper [2]) auch Wagners Lösung im Parsifal: Falsch daran sei nicht das kollektive Ritual als solches, sondern sein »Beigeschmack einer obszönen, geheimen Zeremonie. Wie jedes Zwangsritual ist diese Zeremonie eine Abwehrbildung – eine Verteidigung gegen das Reale des weiblichen Begehrens«. Aber dieses Falsche wiegt bei Žižek gar nicht schwer, denn er weiß im Unterschied zu Badiou, dass hinter dem Männerbund der Gralsritter nichts anderes als das Ewig-Weibliche selbst steht. Parsifal verwerfe »das Begehren der Frau zugunsten des Mütterlich-Weiblichen«. Das Weibliche als Prinzip triumphiere zwar zunächst in der Abwehr Kundrys, die Žižek als reale Frau und nicht als Idee begreift; dadurch sei die Störung durch den subjektiven Akt des Begehrens zwar beseitigt und der Kreis der Gralsritter und ihrer Reproduktion wieder geschlossen – aber im Grunde könne es sich nur um eine Rückkehr zum sicheren, schützenden Hafen eines Mütterlich-Weiblichen handeln, das doch auch die reale Frau umfassen müsse. In diesem Zusammenhang verweist Žižek darauf, dass der letzte Text, an dem Wagner schrieb, einer »über das Weibliche im Menschlichen« gewesen ist und davon handeln sollte, dass die Frau das Opfer von Machtstrukturen sei, die strikt nach männlichen Prinzipien und nach Maßgabe der Reproduktion bestimmt wären. In genau diesem Sinn gibt schließlich Žižek seine eigene Kritik, die er an Wagners Lösung übte, wieder preis, müsste er doch sonst auch die ganze, von Lacan übernommene Fetischisierung des Signifikanten über Bord werfen: So favorisierte er letztlich eine Inszenierung von Wagners Werk, die »im Finale eine Art Wiederherstellung des Weiblichen oder eher eine Öffnung zu ihm hin« zu erkennen gebe: Vor Parsifals Herrschaft sei die Gralsgemeinschaft wirklich ein auf sich selbst beschränkter männlicher Kreis gewesen, während Parsifal ihn letztlich zum Weiblichen hin öffne. In dieser Weise sieht offenbar Žižek, der darüber spekuliert, ob nicht Lacan »der eigentliche Wagnerianer, der ‚letzte‘, wenn nicht der vollkommene ‚Wagnerite‘« sei, auch seine eigene Aufgabe bei der Verbreitung der Lacanschen Lehre: Er will sie durch das Begehren der realen Frau, durch die »Öffnung zum Weiblichen hin« ergänzt wissen und erscheint einmal mehr wie der Moderator einer Talkshow, der auch Kritiker zu Wort kommen lässt. Der Stargast ist bei ihm zweifellos immer Lacan, nur hat mittlerweile auch Badiou Platz genommen, der eigentlich für Psychoanalyse kaum etwas übrig hat; die beiden Gäste verstehen einander nicht wirklich – wozu gibt es schließlich einen Moderator –, meinen aber dasselbe: es geht im Kern um die Wiedereinführung der Opferbereitschaft, mag damit nun die Öffnung zum Weiblichen hin verbunden sein oder nicht.

Badious Kommunismus

Titurel steht in Wagners Werk und in Badious Deutung jedenfalls für den Staat und für eine Vernunft im Sinne Spinozas, deren Inhalt nichts anderes als Selbsterhaltung ist, sodass Selbsterhaltung paradoxerweise als einzig noch mögliche Transzendenz erscheint. Badiou aber will, indem er Wagners Konzeption aktualisiert, eine Gemeinschaft ohne den Sinn der Selbsterhaltung und darin geht er über den Parteikommunismus, dem er als alter Maoist entstammt, hinaus und führt zugleich die maoistische Kulturrevolution fort: »Wie kann sich die tätige Gemeinschaft ohne jede Transzendenz darstellen, auch und vor allem nicht der Partei oder des Obersten Führers? Wie kann sie aktiv an der Darstellung ihrer kreativen Fähigkeit mitwirken, ohne sich, wie alle Zeremonien dieser Welt, dem schnöden Mammon oder den schäbigsten Interessen zu widmen? Kann man sich eine wirkliche Zeremonie des Kommunismus vorstellen, die die kommunistische Volksbewegung wieder in Gang bringen kann, ohne die despotische Immobilität eines Staates zu feiern?« Die großen Massenversammlungen in Moskau oder auf dem Tien’anmen-Platz seien zwar Zeremonien gewesen, in denen das Volk seine historische Existenz darstellen sollte, aber wichtiger für die Zukunft erscheinen Badiou doch Parsifal und Bayreuth: Denn das Scheitern jener Zeremonien rühre daher, dass ihre Darstellung »nicht Ausdruck seiner gewaltigen Möglichkeiten, sondern Reflex der es repräsentierenden Staatsmacht war«. Der interessanteste Grenzfall sei dabei noch »die Heraufbeschwörung der aufständischen Massen in der chinesischen Kulturrevolution« gewesen. »Aber auch da fungierte der Körper Maos … als Garant der Staatsförmigkeit.« Badiou betrachtet sich eben selbst als eine Art Parsifal, seine Philosophie und Ethik als den Speer, den dieser der Gemeinschaft bringt, um sie sowohl von der Staatsförmigkeit wie von den Trieben zu erlösen. Damit halbiert er, was Marx noch unter Kommunismus verstand und verkehrt es ins Gegenteil, wären doch Staat und Kapital im Sinne von Marx abzuschaffen, damit gerade jedem Individuum »nach seinen Bedürfnissen« und Trieben endlich leibhaft so weit als irgend möglich genüge getan werden könnte, und das heißt: so weit, dass kein anderes darunter leide.

Badiou hingegen braucht den Wagnerschen Parsifal wie den maoistischen Kommunismusbegriff, um Heideggers Ontologie und Carl Schmitts politische Theorie zu reinigen von all dem, was diesen noch an positiven historischen Bezügen anzuhaften scheint oder jedenfalls an die ideologischen und praktischen Mittel des Nationalsozialismus erinnern könnte. Heidegger habe das Sein noch zu positiv bestimmt und dadurch partikularisiert, so wie Schmitts Politikbegriff doch irgendwie auf den Staat setzte und nicht aufs Kollektiv schlechthin. Erst dadurch, dass die nationalsozialistische Machtergreifung eine deutsche Revolution sein wollte, sei sie von einem wahren, dem Sein gemäßen »Ereignis« abgewichen, »das eine Zeremonie wieder möglich« mache, sodass deutsche Philosophen und Staatsrechtler dem Irrtum verfallen konnten, ihr zu folgen. In bestimmter Hinsicht beurteilt Badiou die ‚Revolution‘ von 1933 aus der Perspektive der ‚Festung Europa‘ von 1941, deren Perspektive eben längst und in jeder Hinsicht über die Fixierung auf den deutschen Staat hinausgegangen war. Letztlich stimmt sein Denken mit deutscher Ideologie noch dort überein, wo er sich von ihr unterscheiden möchte, und so kann er auch dem Nationalsozialismus seine Anerkennung nicht ganz versagen, meint eben lediglich einschränkend in seiner Ethik, es sei aber »wahrscheinlich«, dass »die Nazipolitik kein Wahrheitsprozess« war.

Am Ende seiner Lektionen zum Fall Wagner versucht Badiou darum neuen Anlauf zu nehmen zu einem solchen Wahrheitsprozess, den der Nationalsozialismus verfehlt habe: »Kann ein Ereignis eintreten, das die Zeremonie möglich macht? Im Parsifal ist es geschehen. Es führt aber, wie ich meine, in formaler Hinsicht nicht dazu, die Zeremonie zu etwas Neuem zu machen. Es führt nicht zur Einführung einer wirklich neuen Zeremonie.« Für diese Zeremonie müsste wohl die ganze Welt zur Bayreuther Festspielbühne werden – und im Vorlauf des kommenden Ereignisses schreibt Badiou schon einmal die Beiträge fürs politische Programmheft.

[1] Alain Badiou: Fünf Lektionen zum ‚Fall Wagner‘. Zürich 2012.
[2] Slavoj Žižek: Der zweite Tod der Oper. Berlin 2008.

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Gerhard Scheit wird am Donnerstag, 18. November, 19.30 Uhr in der Stadtwerkstatt einen Vortrag mit Musik halten: WAGNER, MAHLER, WEININGER. »Das Weib ist die bejahte Sexualität des Mannes«: Konfrontation mit Wagners »Geschlechtsneid« bei Gustav Mahler, Otto Weininger und Alain Badiou.

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