Editorial

Dass die – realiter – von der FPÖ geführte Landesregierung in Oberösterreich die Mindestsicherung für Asylsuchende halbiert, geht einem Teil des aufrechten und anständigen Fußvolks noch nicht weit genug: Mitte Februar wurden in Linz an zwei Tagen Brandanschläge auf Roma-Zelte verübt, bei denen zwar glücklicherweise niemand verletzt wurde, aber alle Habseligkeiten verbrannten. Die Oberösterreichischen Nachrichten (deren Online-Kommentarforen mittlerweile von einem digitalen Mob ekelerregendster Sorte beherrscht werden) rapportierten dazu: »Die Schadenshöhe ist unbekannt, dürfte aber niedrig sein.« Die in der aktuellen »Wertedebatte« zur Schau gestellten »Hirnschäden« (im psycho-pathologischen Sinn) sind jedenfalls gewaltig und entziehen sich rational-argumentativem Zugriff größtenteils. Um zu eruieren, was da im Einzelnen schief läuft, sind psychologische Zugänge unabdingbar – allerdings dürfen die nicht allein aufs Individuum abstellen. Wie aber ist es um das gesellschaftskritische Potential der Psychoanalyse bestellt? Sama Maani diskutiert in seinem Text psychoanalytische Grundfragen anhand eines Dialogs zwischen »Theoretikerin« und »Lösungsorientiertem«, Elisabeth Übelmann hat für uns einen Sammelband zur Psychiatriekritik rezensiert. Der »Messias aus dem Waldviertel« (Bayern 2), »Heini« Staudinger, war für Clemens Nachtmann Anlass für eine breit angelegte  Auseinandersetzung – wir sind gespannt, ob der abschließende zweite Teil ähnlich kontroverse Reaktionen hervorruft, wie der erste. Svenna Triebler erinnert an jenen Wertbegriff, der in der aktuellen Debatte ausgeblendet wird, der als Sanktion die »Strafe des Untergangs« enthält und Gerhard Scheit analysiert, welche Konsequenzen die europäische Flüchtlingspolitik für den Staat Israel hat. Richard Schuberth widmet seinen Beitrag der Kritik an der sprachlichen Dummheit der Rechten und Thomas Rammerstorfer dem Wahn der »Identitären«. Felix Riedel präsentiert eine kritische Würdigung von Ahmad Mansours »Generation Allah«. Renate Göllner zeigt das Verhältnis von Erniedrigung und Lust bei Georges-Arthur Goldschmidt, Paulette Gensler verteidigt (im ersten von zwei Teilen) Michel Houellebecq gegen den überwiegenden Teil des deutschen Feuilletons und Armin Medosch arbeitet sich im vierten Teil seiner Serie zum »Mythos Kunst« durch Entwicklungen, die von den Erfahrungen der 1968er-Generation angestoßen wurden. Erwin Riess steuert einen Text zum Thema Sexualität und Behinderung bei, sowie eine Besprechung von Sebastian Vogts »Briefe zur Revolution«. Und Tanja Brandmayr führte ein Interview mit dem Schriftsteller Philip Hautmann. Thema: zwischen Kosmos und Chaos.

Mit den besten Empfehlungen
Die Redaktion

Zurück zur Ausgabe: 
#109
Editorial

& Drupal

Versorgerin 2011

rss