Money, Money, Money
O-Ton Bankräuber:
Sie gingen also zur Bank und dann?
Äh, da war schon das erste Problem. Ich fuhr mit dem Taxi hin, und zwar von dem Lokal, wo ich mich zuvor angetrunken hatte.
Keine sehr gute Idee.
Dachte ich mir danach auch.
Hatten sie einen Plan, das Objekt studiert, sich die Fluchtwege überlegt?
Das Objekt war die Bank, die ich als Kunde ohnehin kannte…
Ein Bankräuber, ein Broker und ein Banker kommen zu Beginn von »Das kleine ABC des Geldes« zu Wort. Was nach Figuren aus einem T. C. Boyle-Roman klingt, stimmt ein auf den popkultuellen Schwerpunkt dieses »Lesebuchs für Arm und Reich« von Bernhard Praschl.
Welche Pläne hatten sie mit der Beute schon geschmiedet?
Nichts besonderes, mit dem Großteil davon wollte ich die Schulden bei meiner Bank zurückzahlen.
Von den Kreisläufen des Geldes erfährt man wenig Konkretes; das 200 Seiten umfassende Buch widmet sich eher den glamourösen Aspekten des Geldes. Von Goldfinger bis Rheingold, Dagobert Duck, Marx, Die Unsichtbare Hand, von Youtube zu Faust, dem Zauberer von Oz, dem Brettspiel DKT (das kaufmännische Talent) bis Weltbank präsentiert uns der Autor Fakten, Zahlen und Anekdoten aus der Welt des Geldes. Alphabetisch portioniert geht es in lockeren Assoziationen von wirtschaftlichen Eckdaten und Krisenschlagworten zu ausgedehnten Streifzügen durch die Film-, Literatur- und Musikgeschichte.
Gedanken aus Gesellschaftstheorie, Moralphilosophie, Ethnologie, Religionswissenschaft und Ökonomie verwebt der Kultur- und Lifestylejournalist mit enzyklopädischem Wissen und journalistischem Archivmaterial.
Man erfährt, dass Goethe Finanzrat war, wie viel Taschengeld ein deutsches Kind erhält, wo sich die größte Goldlagerstätte der Welt befindet, was es mit dem Freigeld von Wörgel und dem Tulpenzwiebelcrash in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts auf sich hat, warum an jeder »Occupy«-Demo eine Faschingsfirma verdient und vieles mehr. Die Rankings am Ende des Buches verraten unter anderem die zehn Lieblingsspeisen und -getränke Warren Buffets, einiges über Autos, und wer die fünf freigiebigsten Menschen der Welt sind.
Erhellendes zu Ursache und Bewältigung der Krise sind in den weiterführenden Links und Literaturangaben zu erwarten, darunter zu Tomáš Sedláček, »Die Ökonomie von Gut und Böse«, in der der tschechische Ökonom unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem in einen breiten historischen Rahmen stellt. Eine der zentralen Aussagen dieses Autors ist die Idee, dass Ökonomie auch ohne Mathematisierung möglich ist, dass sie weniger Gleichungen und Prognosen, dafür aber mehr moralphilosophische Fundierung braucht. Die Tatsache, dass wir die Bedeutung von kulturellen Normen und Werten für ökonomisches Denken vergessen haben, hält er für eine der Ursachen der gegenwärtigen Schuldenkrise. Selbst bei Milton Friedman, dem Paradevertreter wirtschaftsliberalen Denkens, findet sich die Einsicht, dass wirtschaftliches Handeln nur in Abhängigkeit von ethischen Regeln funktionieren kann. Nicht mathematisch abbildbare Prozesse sind es, die letzten Endes über Wohl und Weh von Volkswirtschaften bestimmen, sondern Wertesysteme, die jenseits mathematischer Rationalität liegen. Seine Hypothesen überprüft Sedláček anhand der Ideengeschichte.
O-Ton Banker:
Wer oder was trägt Ihrer Ansicht nach die Hauptverantwortung an der Krise? Die Banker tun in der Regel nur was erlaubt ist. Aber sie tun alles, was erlaubt ist. Schon aus Konkurrenzgründen. Man nennt es das Gesetz der Grenzmoral.
Säumig sind also jene, die gewählt sind zu normieren was erlaubt ist. Die Politiker.
O-Ton Broker:
Wie würden sie sich selbst bezeichenen? Vermögend?
Reich? Oder arm?
Ich kategorisiere mich nicht nach meinen Finanzverhältnissen.
Verpackt ist dieses Infotainment aus dem Czernin-Verlag sehr exquisit in edlem Hardcover mit moosgrüner Leinenbindung und goldenen Prägelettern.
Bernhard Praschl, »Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich«, Czernin Verlag, Euro 19,90
Bilder von Astrid Esslinger: http://esslinger.servus.at/